Experte Staud: «Altermedia» war Anlaufstelle der Neonazi-Szene

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«Selbst Teilen der NPD-Anhänger waren diese Texte zu heftig.»
Experte Staud: «Altermedia» war Anlaufstelle der Neonazi-Szene
Die am Mittwoch verbotene Internetplattform «Altermedia Deutschland» war nach Ansicht des Rechtsextremismus-Experten Toralf Staud bislang eine der wichtigsten Anlaufstellen für Rechtsextremisten in Deutschland.
27.01.2016
epd
Matthias Klein (epd-Gespräch)

Berlin (epd)"Dort hat sich die harte Neonazi-Szene getroffen", sagte Staud dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch. Autoren der Beiträge und Kommentatoren hätten offen antisemitische und rassistische Positionen vertreten. Es habe auch "üble Gewalt- und Mordaufrufe gegeben", zum Beispiel gegen Politiker oder Journalisten. "Selbst Teilen der NPD-Anhänger waren diese Texte zu heftig", erläuterte Staud.

Server wird abgeschaltet

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte die rechtsextremistische Internetplattform verboten. Die Betreiber förderten "die Verbreitung übelster rassistischer und fremdenfeindlicher Kommentare und Beiträge, in denen Straftaten gegen Ausländer verteidigt, zu Straftaten aufgefordert und Taten des Nationalsozialismus gerechtfertigt werden", begründete der Minister das Verbot. Zur Abschottung der Internetseite gegen staatliche Zugriffe war nach Angaben der Bundesanwaltschaft ein Serverstandort in Russland gewählt worden. Die russischen Behörden seien gebeten worden, den Server im Laufe der nächsten Tage abzuschalten.

Staud sagte, "Altermedia Deutschland" habe vor allem die Agenda der Neonazis maßgeblich geprägt: "Sie war ein Themenmonitor. Die Autoren haben wichtige Themen der Szene gesetzt. Außerdem haben sie den Tonfall beeinflusst, in dem in der Szene über bestimmte Themen gesprochen wurde." Im Kommentarbereich hätten die Anhänger häufig überraschend offen diskutiert. Dort seien üble Beschimpfungen zu lesen gewesen, erläuterte Staud: "Interessant war, dass man in den Beiträgen Szene-Interna erfahren konnte." Insgesamt seien die Inhalte der Plattform in den vergangenen Jahren seiner Einschätzung nach plumper geworden, fügte Staud hinzu.

Was das Verbot der Plattform für die Szene bedeute, hänge maßgeblich davon ab, ob der Server abgeschaltet werde, sagte Staud: "Aber vermutlich wird dann einfach irgendwo anders ein neuer Server installiert. Kurzfristig sehe ich jedenfalls keine andere Seite, die die Funktion für die Szene nahtlos übernehmen kann."