TV-Tipp des Tages: "Der Athen-Krimi: Trojanische Pferde" (ARD

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Foto: Getty Images/iStockphoto/vicnt
TV-Tipp des Tages: "Der Athen-Krimi: Trojanische Pferde" (ARD
TV-Tipp des Tages: 28.1., ARD, 20:15 Uhr: „Der Athen-Krimi: Trojanische Pferde“
Venedig, Istanbul, die Bretagne, Bozen – und nun Athen: Die ARD bleibt ihrer Linie treu und schickt eine weitere Auslandskrimireihe ins Quotenrennen. Anders als bei den Donna-Leon-Verfilmungen mit Uwe Kockisch oder den „Kommissar Dupin“-Fällen mit Pasquale Alearde gibt es für die „Athen-Krimis“ mit Francis Fulton-Smith keine literarischen Vorbilder. Trotzdem ist Max Richter eine recht komplexe Figur: Der Polizist hat eine griechische Mutter, ist in Deutschland aufgewachsen und hat zuletzt fürs Düsseldorfer LKA gearbeitet. Dass er nun eine neue Stelle in Athen antritt, hat besondere Gründe, die den Kommissar mit einem melancholischen Flair versehen; aber damit rückt das Drehbuch (Claus Cornelius Fischer, Markus Altmeyer) erst nach und nach raus.

Der Film beginnt mit einem bedauerlichen Verlust: In ihrer Wohnung wird Straßensängerin Sofia erschossen, was sehr schade ist, weil Anna Maria Velli nicht nur eine schöne Stimme hat (falls sie selber singt), sondern auch eine sehr attraktive junge Frau ist. Ein etwas zwielichtiger Nachbar lenkt den Verdacht auf ihren angeblich äußerst eifersüchtigen Freund Vaggelis (Hauke Petersen), dem fortan allerdings nicht nur die Polizei auf den Fersen ist, denn Vaggelis ist durch Zufall Zeuge eines Verbrechens geworden und steckt nun in einer Zwickmühle: Er muss dringend ins Krankenhaus, weil sein kleiner Bruder an Leukämie erkrankt ist und eine Knochenmarkspende braucht; aber damit würde er seinen Verfolgern direkt in die Arme laufen.

Die Suche nach dem jungen Mann führt zu der einen oder anderen Verfolgungsjagd, die Marc Brummund durchaus ansprechend und professionell inszeniert. Das darf man auf diesem Sendeplatz zwar erwarten, aber die jüngste und auch bekannteste Arbeit des Regisseurs ist „Freistatt“; das Kinodrama über deutsche Heimerziehung in den Sechzigerjahren war alles andere als ein Actionfilm. Typischer für diesen ersten Athen-Krimi mit dem Titel „Trojanische Pferde“ sind jedoch die Szenen mit Richter und seinem neuen Kollegen. Auf den ersten Blick scheint der von Waldemar Kobus als Mischung aus Bud Spencer und dem Bären Balou aus „Das Dschungelbuch“ verkörperte Petros Makropoulos sämtliche Vorbehalte zu erfüllen, die der Deutsche gegenüber der griechischen Polizei hegt. Außerdem ist der verwitwete Kommissar offenbar ein Schürzenjäger, weshalb es Richter gar nicht passt, dass er sich an seine Schwester ranmacht; aber auch dieser Schein trügt. Dritte Kraft im Revier ist das Computertalent Sideris. Der gebürtige Rumäne Sabin Tambrea, für seine Verkörperung des jungen Ludwig II. 2013 mit dem Bayerischen Filmpreis als bester Nachwuchsschauspieler ausgezeichnet und zuletzt imposant als Hollywood-Nazi in der Neuverfilmung von „Nackt unter Wölfen“, ist eine reizvolle Ergänzung der beiden alten Hasen, zumal er den mit allerlei Neurosen ausgestatteten jungen Kollegen wie ein Geschöpf der Nacht verkörpert.

Das Personal ist also durchaus interessant und verspricht viel Potenzial, zumal sich Makropoulos und Richter bei ihren gegenseitigen Ressentiments nichts schuldig bleiben. Außerdem ist die Vorgeschichte des ehemaligen LKA-Kommissars mit der Lösung des aktuellen Falls noch nicht beendet: Er war in Düsseldorf korrupten Kollegen auf der Spur. Die Ermittlungen wurden jäh gestoppt, als sein Auto in die Luft flog; dabei starb seine Freundin, weshalb Fulton-Smith, der schon als Hauptdarsteller der bloß dreiteiligen Paris-Reihe „Kommissar LaBrea“ im Auftrag der ARD-Tochter Degeto Auslandserfahrung gesammelt hat und hier als Koproduzent fungiert, den Helden gewissermaßen mit Trauerflor spielt. Es ging damals unter anderem um verschwundene Dienstwaffen, die in Griechenland wieder aufgetaucht sind. Zunächst ist Richter überzeugt, dass sein neuer Partner dahintersteckt, aber es ist selbstredend kein Zufall, dass die Episodenhauptrolle einer honorigen Verlegerin mit Andrea Sawatzki besetzt wurde.

Der Rest des Films entspricht der typischen Machart dieser Auslandskrimis, in denen Kameraschwenks über das Panorama immer wieder für exotischen Flair sorgen. Doch die Bildgestaltung (Eeva Fleig) ist sehenswert, die musikalische Untermalung (Wolfgang Hammerschmid) klingt teilweise wie eine Hommage an Titelmelodien alter TV-Serien, bietet aber auch eine interessante Mischung aus Rockmusik und Sirtaki-Klängen, und die beiden bärtigen Hauptdarsteller sind ohnehin ein reizvolles Gespann, bei dem die Mischung stimmt: Kobus sorgt für die komödiantischen Momente, während Fulton-Smith vor allem deutsche Tugenden repräsentieren muss.