Düsseldorf (epd)Die Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln haben erneut für heftige Auseinandersetzungen im Innenausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags gesorgt. Die CDU-Opposition warf Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Donnerstag in Düsseldorf vor, wichtige Fakten zu vertuschen und nur "scheibchenweise" die Öffentlichkeit zu informieren. Jäger wies in der Sitzung die Kritik erneut zurück und versprach "Transparenz und Offenheit". Schon in der kommenden Woche wird der Landtag wohl einen Untersuchungsausschuss einsetzen.
821 Strafanzeigen in Köln
Der Innenminister präsentierte den Abgeordneten den aktuellen Stand der Ermittlungen. Demnach wurden bisher 821 Strafanzeigen in Köln erstattet, darunter 359 wegen Sexualstraftaten. 1.049 mutmaßliche Opfer haben sich bislang gemeldet. Es gibt 30 Tatverdächtige, 15 davon sind laut Jäger Asylbewerber. Elf Tatverdächtige haben keine Aufenthaltserlaubnis, zwei sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und zwei haben eine Aufenthaltsgenehmigung. 25 Tatverdächtige stammen aus Marokko oder Algerien.
Auch in Düsseldorf, Dortmund und Bielefeld verzeichnete die Polizei nach Angaben des Ministers Straftaten in der Silvesternacht. Insgesamt hätten sich landesweit rund 1.200 mutmaßliche Opfer gemeldet. Jäger sagte zu, alle Hintergründe "lückenlos" aufzuklären. Der CDU-Innenpolitiker Theo Kruse warf der Landesregierung hingegen vor, das "Staatsversagen in der größten Stadt des Landes" nicht ernsthaft zu durchleuchten.
Wie bereits in den letzten Sondersitzungen von Innenausschuss und Landtagsplenum ging es erneut um die Frage, wann die Landesregierung über die massiven sexuellen Übergriffe informiert war. Jäger verwies darauf, dass das ganze Ausmaß der Übergriffe erst allmählich an den Folgetagen ab dem 4. Januar durch die steigende Zahl der Anzeigen deutlich geworden sei.
Jäger: Zu wenige Beamte im Einsatz
Die Grünen-Innenexpertin Monika Düker wollte von der Regierung zudem wissen, warum so viele Frauen in der Tatnacht nicht direkt in Köln Strafanzeige erstatten konnten. Minister Jäger räumte erneut ein, dass die Kölner Polizei zu wenige Beamte vor Ort im Einsatz gehabt hätte. Zudem habe es sich bei den Opfern der Sexualdelikte oftmals um Frauen gehandelt, die gar nicht in Köln wohnten, sondern dort nur Silvester feiern wollten. Deshalb seien zahlreiche Strafanzeigen erst jetzt bei den jeweiligen Polizeidienststellen an den Wohnorten der Frauen eingegangen.
Weiteres Thema der Sitzung war die Kriminalität durch Zuwanderer. FDP-Fraktionsvize Joachim Stamp hielt der Landesregierung vor, im Innenausschuss habe die Opposition schon im Herbst 2014 das Problem mit "alleinreisenden Männern aus Nordafrika" angesprochen. Das Innenministerium habe damals ein Handlungskonzept zugesagt. Doch es sei nichts passiert, kritisierte der Liberale.
Jäger erwiderte, die Landesregierung habe immer offen kommuniziert, dass es bei Zwischenfällen in und um Flüchtlingsheimen oftmals um nordafrikanische Tatverdächtige gehe. Damals sei es aber um Ladendiebstähle gegangen, nicht um Sexualdelikte. Der Minister betonte zum wiederholten Mal, dass es sich bei den Ereignissen von Köln um ein neues Phänomen handele. Es gebe auch keinen direkten Zusammenhang mit Diebstählen von sogenannten "Antänzern".