Leipzig (epd)Angehörige und Weggefährten haben in Leipzig Abschied von dem Ende Dezember verstorbenen Dirigenten Kurt Masur genommen. Zum Gedenken in der fast voll besetzten Thomaskirche versammelten sich am Donnerstag auch zahlreiche Vertreter aus Gesellschaft und Politik. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) nannte Masur einen "Weltbürger", dessen Tod eine "große und schmerzliche Lücke" reiße. Masur habe an die Macht der Musik geglaubt und habe durch sein Wirken "wesentlich den Mythos des Gewandhaussounds geprägt".
Gottesdienst im engsten Familienkreis
Die Urne des einstigen Leipziger Gewandhauskapellmeisters sollte nach dem Gottesdienst im engsten Familienkreis am Rande des Künstlerfeldes auf dem Leipziger Südfriedhof beigesetzt werden. Im Gewandhaus wird es am 16. April ein Gedenkkonzert für den langjährigen Chefdirigenten geben. Der 1927 im niederschlesischen Breig geborene Masur war am 19. Dezember im Alter von 88 Jahren in den USA gestorben. Er litt seit Jahren an Parkinson.
Masur leitete mehrere international renommierte Orchester, darunter 26 Jahre lang das Leipziger Gewandhausorchester (1970 bis 1996) sowie die New Yorker Philharmoniker (1991 bis 2002) und das London Philharmonic Orchestra. In Leipzig war er maßgeblich daran beteiligt, dass das Gewandhausorchester 1981 eine neue Spielstätte erhielt. Es war der einzige Konzerthaus-Neubau der DDR. Außerdem war Masur Initiator für die Einrichtung eines Museums zu Ehren Felix Mendelssohn Bartholdys in einem ehemaligen Wohnhaus des Komponisten.
Oberbürgermeister Jung würdigte am Donnerstag jedoch nicht nur das musikalische und kulturelle Vermächtnis Masurs für Leipzig, sondern auch seine Rolle während der friedlichen Revolution. Im Herbst 1989 gehörte Masur in der DDR zu den Unterzeichnern des Aufrufes "Keine Gewalt", in dem Regime-Gegner und die Polizei zum Gewaltverzicht zugunsten eines konstruktiven Dialogs aufgefordert wurden. Damit half er am 9. Oktober 1989 bei der großen Massendemonstration mit rund 70.000 Menschen einen blutigen Ausgang zu verhindern.
"Symbol für die Kraft des Dialogs"
Masur selbst habe nicht gewusst, "wie die Aktion ausgehen" werde, sagte Jung. So hätten auf den Pulten des Orchesters an dem Abend vorsorglich die Noten für einen Trauermarsch gelegen - falls es Verletzte oder gar Tote geben würde. Masur sei nach jenen Tagen "zum Symbol für die Kraft des Dialoges geworden", fügte er hinzu.
Auch Thomaskirchen-Pfarrer Martin Hundertmark ging in seiner Predigt auf Masurs Verdienste um die Menschen ein. Als "unbeirrbarer Humanist" habe Masur an die Menschen und das Gute in ihnen geglaubt, sagte Hundertmark. Die Ereignisse bei der friedlichen Revolution hätten ihn zum Helden gemacht, der er selbst nie sein wollte. Musik habe Masur als seinen Bezug zu Gott gesehen, sagte Hundertmark weiter. "Für ihn war Gebet Musik und Musik gleichsam Gebet". Konzertsäle hätten sich unter ihm in Kathedralen verwandelt.
An dem Trauergottesdienst nahmen am Donnerstag unter anderem der ehemalige Bundesverkehrsminister und einstige Leipziger Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) und der ehemalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) teil. Musikalisch umrahmt wurde das Gedenken durch den Thomanerchor und das Gewandhaus-Orchester unter der Leitung von Gotthold Schwarz.