Dortmund (epd)"In muslimischen Familien ist Sexualität absolut tabuisiert", sagte der Dortmunder Erziehungswissenschaftler dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Freitag in Dortmund mit Blick auf die massenhaften Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln. Mit jungen Migranten müsse offen darüber geredet haben, dass es in Deutschland unterschiedliche Geschlechterrollen gebe und dass sie diese akzeptieren müssten. "Die Deutsch- und Integrationskurse wären dafür ein guter Ort."
Bei vielen Männern vor allem aus ländlichen Gebieten im arabischen Raum seien traditionelle Geschlechterrollen präsent, wonach der Mann der nach außen orientierte Ernährer der Familie und die Frau die nach innen orientierte Erzieherin der Kinder ist. "Manche Männer deuten die Form der offenen Gesellschaft in Deutschland, wo Frauen offen durch die Stadt laufen und vielleicht auch mit Männern flirten, falsch", sagte Toprak, der Professor für Erziehungswissenschaften an der Fachhochschule Dortmund ist und sich unter anderem mit dem Thema Gewalt bei jungen muslimischen Migranten beschäftigt.
"Eine neue Dimension"
Wenn Drogen- oder Alkoholmissbrauch und Gruppendynamiken hinzu kämen und Hemmschwellen fielen, könne das wie in Köln dramatische Folgen haben. Zugleich betonte Toprak, die Größenordnung und Form der Übergriffe auf Frauen stellten eine neue Dimension dar.
Nach Topraks Ansicht spielen dabei eher patriarchalische Strukturen in den Herkunftsländern eine Rolle als die Religion als solche. Religiöse muslimische Männer würden keinen Alkohol trinken und fremde Frauen nicht ansprechen oder gar angreifen, betonte der Migrationsexperte. "Männer, die so etwas machen, sind in dieser Community ehrlos und werden nicht hoch angesehen."
Mit Blick auf Ermittlungsergebnisse, nach denen unter den Tatverdächtigen in Köln auch Flüchtlinge sind, glaubt Toprak, dass Frustration eine Rolle spielen könnte. Vielleicht hätten manche Flüchtlinge ein bestimmtes Bild vom reichen Deutschland im Kopf gehabt und seien nun von ihrer Lebenssituation enttäuscht. "Möglicherweise haben sich Frust und Langeweile entladen", sagte der Erziehungswissenschaftler.