Berlin (epd)Nach den Übergriffen auf Frauen in Köln ist in der Koalition eine Debatte über schärfere Regeln für die Ausweisung von Asylbewerbern entbrannt. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hält Ausweisungen nach Taten wie in Köln für möglich. "Wer glaubt, sich bei uns über Recht und Gesetz stellen zu können, der muss bestraft werden - völlig egal woher er kommt", sagte Maas. Unionspolitiker forderten eine Absenkung der bestehenden Hürden für mögliche Straftäter, die sich noch im Asylverfahren befinden. Pro Asyl warnte indes vor einer "hysterischen Debatte", da noch nicht einmal klar sei, wer die Täter sind.
Maas sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagsausgaben), Asylsuchende könnten auch während eines laufenden Asylverfahrens bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr ausgewiesen werden. "Ein solches Strafmaß ist grundsätzlich bei Sexualdelikten absolut möglich", erklärte er: "Ausweisungen wären insofern durchaus denkbar."
Strenge Regeln für Ausweisungen
Dafür gibt das Aufenthaltsgesetz aber strenge Regeln vor: Im Verfahren dürfen Asylbewerber nur dann ausgewiesen werden, wenn ihr Verhalten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt. Dies könnte bei Sexualdelikten der Fall sein. Eigentlich gilt aber, dass vor einer Ausweisung ein Asylverfahren abgeschlossen und das Asylgesuch abgelehnt sein muss.
Eine Straftat kann diese Ablehnung wiederum aber auch herbeiführen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte am Mittwoch darauf verwiesen, dass eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren eine Anerkennung als Flüchtling ausschließt. Die Genfer Flüchtlingskonvention gebe strenge Regeln vor. Er hatte eine Absenkung dieser Hürde ins Spiel gebracht.
Gruppen junger Männer hatten in der Silvesternacht vor dem Kölner Hauptbahnhof offenbar gezielt Frauen sexuell bedrängt und bestohlen. Nach Polizeiangaben hielten sich zeitweise mehr als tausend überwiegend alkoholisierte Männer vor dem Bahnhof auf. Viele mutmaßliche Täter sollen nach Berichten von Polizisten und Opfern aus dem arabisch-nordafrikanischen Raum stammen. Das hatte die Diskussion um Ausweisungsregelungen bei Asylbewerbern entfacht.
Pro Asyl: "Hysterische Debatte"
Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer pflichete de Maizière bei. "Ich plädiere dringend dafür, die Voraussetzungen zu erleichtern, zumindest so, dass eine Abschiebung möglich ist, sobald der Ausländer zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt ist", sagte Mayer der Tageszeitung "Die Welt" (Donnerstagsausgabe).
SPD-Vertreter äußerten sich zunächst skeptisch über Gesetzesverschärfungen. Um organisierter Kriminalität Herr zu werden, brauche es weder Änderungen am Grundrecht auf Asyl noch an der Genfer Flüchtlingskonvention, sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Ralf Stegner der "Welt". Die SPD-Rechtsexpertin Eva Högl sagte im Deutschlandfunk, die geltenden Regelungen seien ausreichend. Sie räumte aber ein, dass es bei der Regelung, dass sich erst eine Freiheitsstrafe von drei Jahren auf das Asylverfahren auswirkt, Nachbesserungsbedarf geben könnte. Man müsse darüber reden, ob die Schwelle "eventuell doch etwas niedriger" angesetzt werden müsse.
Pro Asyl-Europareferent Karl Kopp sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), er halte die aktuelle Diskussion für eine "hysterische Debatte", da man noch nicht einmal wisse, wer die Täter sind. "Zunächst müssen erst einmal die Strafverfolgungsbehörden ihre Arbeit machen", sagte er.