Stockholm, Kiel (epd)Angesichts des Flüchtlingsandrangs führt Dänemark wieder Passkontrollen an der Grenze zu Deutschland ein. Dabei soll es sich um eine vorübergehende Maßnahme handeln, erklärte Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen am Montag. Er hatte den Schritt bereits in seiner Neujahrsansprache angekündigt und darauf verwiesen, dass aufgrund der nun ebenfalls von Schweden aufgenommenen Passkontrollen zu viele Flüchtlinge in Dänemark stranden könnten. Die schleswig-holsteinische Landesregierung kritisierte die Grenzkontrollen.
Nach den neuen schwedischen Richtlinien muss seit Montag jeder, der von Dänemark aus nach Schweden einreisen will, in Zügen, Fähren und Bussen einen gültigen Ausweis oder Reisepass vorzeigen. Mit den verschärften Kontrollen, zu denen die Regierung die jeweiligen Verkehrsbetreiber verpflichten kann, will Schweden den Zustrom von Flüchtlingen verringern. Ein entsprechendes Gesetz war im Dezember verabschiedet worden. Stichproben hatte es bereits seit November gegeben.
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) äußerte sich besorgt. Die Kontrollen hätten ernsthafte Konsequenzen für Flüchtlinge in Europa, zitierte die schwedische Nachrichtenagentur TT den UNHCR-Sprecher für Nordeuropa, Mattias Axelsson. "Man kann nicht erwarten, dass diejenigen, die das Recht auf Asyl haben, von Beginn an auch stets die entsprechenden Dokumente mit sich tragen", erklärte Axelsson. "Das ist schlicht unmöglich."
Kritik von schleswig-holsteinischer Landesregierung
Schweden sei immer mit humanitären Werten in Verbindung gebracht worden, sagte die Präsidentin des Roten Kreuzes in Schweden, Anna Carlstedt, laut lokalen Zeitungsberichten. Die Signale, die das Land nun aussende, besagten das Gegenteil. Gemessen an der Einwohnerzahl hat kein EU-Land mehr Flüchtlinge aufgenommen als Schweden. Nach Angaben der Behörden wurden allein im vergangenen Jahr etwa 160.000 Asylsuchende registriert.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) kritisierte die Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenzen. Dies könne das gute Zusammenleben in der Grenzregion beeinträchtigen und insbesondere die Pendler belasten, erklärte er. Dass die dänische Regierung die Kontrollen zunächst nur vorübergehend und stichprobenartig eingeführt hat, bezeichnete Albig als "Lichtblick". Er begrüßte es, dass grenzüberschreitende Verkehrsunternehmen bislang nicht verpflichtet sind, Reisende zu kontrollieren.
Auch Justiz- und Europaministerin Anke Spoorendonk (SSW) äußerte sich kritisch zur Entscheidung der Regierung in Kopenhagen. Innereuropäische Grenzkontrollen ersetzten keine "abgestimmte und konzeptionelle europäische Flüchtlingspolitik", sagte sie der "Welt". Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ist die politische Vertretung der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein.