Jeder hat das beste aller Leben, weil’s kein anderes gibt: ein Motto, die sich die Familie Maillinger gut und gern zu eigen machen könnte. Der junge Mann, der diese Haltung vertritt, ist nach Ansicht Annas, der ältesten Tochter von Karl Maillinger, leider ein Hochstapler, weshalb auch seine Philosophie in ihren Augen nichts wert ist. Das ist schade, denn Edward meint es wirklich gut; zumindest mit Anna. Er ist der frische Wind, den eine Filmreihe braucht, damit sich die Figuren nicht ständig im Kreis drehen.
"Das Beste aller Leben" ist der vierte Film der Familiensaga von Rainer Kaufmann (Regie) sowie Kathrin Richter und Jürgen Schlagenhof (Buch), die 2009 mit "Das Beste kommt erst" begonnen hat. Es folgten "In den besten Familien" (2012) und "Beste Bescherung" (2013). Stets waren es Familienfeste, die den Clan zusammenbrachten. Diesmal ist es eine Taufe, doch der junge Täufling rückt alsbald in den Hintergrund, denn Clanchef Karl (Friedrich von Thun), nach einer Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung frisch aus dem Knast entlassen, hat seinen neuen besten Freund mitgebracht: Edward (Christoph Letkowski), verurteilt wegen Wirtschaftskriminalität, hat ihm im Gefängnis geholfen, dem Trübsinn zu entfliehen, und deshalb soll er nun ins Familienunternehmen einsteigen. Das wird mittlerweile von Anna (Sophie von Kessel) geführt, und die ahnt schon, was auf sie zukommt: Der Alte ist zurück und will die Zügel wieder an sich reißen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Das Muster der Filme ist in der Regel das gleiche: Die Maillingers kommt zusammen, um sich gegenseitig zu zerfleischen, und weil Kaufmann nicht nur auf gute Drehbücher, sondern auch auf ein exzellentes Ensemble vertrauen kann, funktionieren die Tragikomödien auch jedes Mal aufs Neue. Trotzdem macht "Das Beste aller Leben" ein grundsätzliches Manko solcher Reihen deutlich: Im Gegensatz zu den Verantwortlichen, denen die Figuren selbstverständlich präsent sind, müssen sich Zuschauer wegen der teilweise großen zeitlichen Zwischenräume erst mal orientieren, wer unmittelbar zur Familie gehört und wer bloß hineingeheiratet hat. Da der Film aber so tut, als sei Teil drei erst gestern ausgestrahlt worden, ist das mitunter etwas mühsam, erst recht, wenn beispielsweise die Rolle des idealistischen Entwicklungshelfers Tom plötzlich nicht mehr von Fabian Hinrichs, sondern von Arnd Klawitter gespielt wird. Auf der anderen Seite ist es natürlich schade, wenn eine Schauspielerin wie Petra Schmidt-Schaller im Grunde nicht mehr zu tun hat als die Frau an der Seite ihres Mannes (Marc Hosemann) zu verkörpern, denn im Zentrum steht eindeutig die Beziehung zwischen Karl und Edward, der mit seinem sonnigen Gemüt alle für sich einnimmt; außer Anna, die rausfindet, dass die angeblichen Spielschulden, die Karl für ihn begleicht, eine glatte Lüge waren. Und ausgerechnet in Anna hat sich Edward verliebt.
Nebenbei erfreut das Drehbuch durch einige hübsche Einfälle; unter anderem kommen arabische Gäste in den Genuss einer veritablen Feensichtung, deren Auftritt Kaufmann und sein bevorzugter Kameramann Klaus Eichhammer als stilvolles Fantasy-Element mit Nebel und Sphärenklängen inszenieren. Die zwar schneelose, aber dennoch winterlich unwirtlichen Bilder tragen ohnehin viel zur Atmosphäre bei. Gleiches gilt für die Musik (Gerd Baumann, Alexander Maschke) mit ihren Western-Anklängen, zumal der Film mit Gewehrschüssen beginnt, weil Tom seine Familie ins Visier nimmt; wie es dazu kam, wird in einer langen Rückblende erzählt.