Berlin (epd)Deutschlands größte Wissenschaftsorganisation, die Helmholtz-Gemeinschaft, will in den kommenden Monaten bis zu 360 Flüchtlingen einen Berufseinstieg ermöglichen. Dies könne über Hospitationen, Anstellungen für Wissenschaftler oder Ausbildungsplätze für Jugendliche erfolgen, sagte Helmholtz-Präsident Otmar Wiestler am Freitag in Berlin. Koordiniert wird die Initiative von der Bundesagentur für Arbeit. Die Kosten tragen je zur Hälfte die Bundesagentur und die Helmholtz-Gemeinschaft.
Nachahmer gesucht
Der Chef der Bundesagentur für Arbeit und Leiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, hofft mit dem Projekt auf Nachahmer. Andere Wissenschaftsorganisationen, Universitäten und Institute könnten dem Beispiel folgen. Zusammen mit der Helmholtz-Gemeinschaft solle gezeigt werden, dass die Hürden zur Einstellung von Flüchtlingen überwunden werden können, sagte Weise.
Ziel sei es, an jedem der bundesweit 18 Helmholtz-Zentren 10 bis 20 Menschen eine berufliche Zukunft zu geben. Erste Gespräche mit Bewerbern würden bereits geführt, sagte Wiestler, der seit September die Wissenschaftsorganisation leitet. Die Helmholtz-Gemeinschaft hat rund 38.000 Mitarbeiter in 18 Forschungszentren. Ihr Jahresbudget beträgt mehr als vier Milliarden Euro. Die Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894). Knapp 20 Prozent ihrer Mitarbeiter kommen aus dem Ausland.
"Wir wollen unserer gesellschaftlichen Verpflichtung nachkommen und talentierten Flüchtlingen eine Perspektive eröffnen", sagte Wiestler. "Deshalb bieten wir wissenschaftlich oder technisch ausgebildeten Menschen verschiedene Möglichkeiten für einen Job-Einstieg in einem wissenschaftsnahen oder wissenschaftlichen Umfeld." In den vergangenen Wochen seien die Abläufe in einer Pilotphase umfassend geprüft worden.
Gute Schulausbildung in Syrien
Die Bundesagentur für Arbeit erfasst dazu die Qualifikationen von Bewerbern, sobald sie einen Aufenthaltsstatus haben. Anschließend leitet die Agentur die Bewerbungsunterlagen geeigneter Kandidaten an die Helmholtz-Zentren weiter. Die Helmholtz-Gemeinschaft stellt für diese Aufgabe eine Million Euro, etwa ein Viertel der Gesamtkosten, zur Verfügung. Zusätzlich beteiligen sich die jeweiligen Zentren insgesamt mit einer Summe in ähnlicher Höhe, hieß es. Die andere Hälfte der Kosten übernimmt die Bundesagentur.
So finanziert die Bundesagentur etwa die Kosten für sechswöchige Probekurse an den Helmholtz-Zentren sowie eventuell notwendige Qualifizierungsmaßnahmen oder Einstiegsqualifizierungen. Zudem stehen Eingliederungszuschüsse zur Verfügung, wenn Bewerber dauerhaft eingestellt werden.
Wie viele Flüchtlinge mit einer qualifizierten Ausbildung nach Deutschland kommen, darüber gebe es widersprüchliche Aussagen, sagte Weise. Allerdings sei bekannt, dass mehr als 90 Prozent der jungen Menschen aus Syrien eine gute Schulausbildung genossen hätten.
"Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir vielen Menschen damit eine Tür in eine bessere Zukunft öffnen", sagte Wiestler. Viele Asylsuchende würden gerne ein Studium beginnen, sagte Kabeya Kabambi, Arbeitsvermittler im Team Asylsuchende der Agentur für Arbeit in Berlin. Dabei versuche er, mit einer Berufsausbildung Alternativen zum Studium aufzuzeigen.