Berlin (epd)Nach zähen Verhandlungen hatten Union und SPD sich vor gut zwei Jahren im Koalitionsvertrag auf ein Gesetz gegen die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern verständigt. Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) hat den Entwurf nun vorgelegt und sagte am Mittwoch in Berlin, die Frage des Gehalts sei noch immer ein Tabuthema. Wenn Frauen aber nicht wüssten, was ihre Kollegen verdienen, könnten sie auch nicht auf gleicher Bezahlung bestehen.
Das Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit soll Unternehmen künftig daran hindern, Frauen schlechter zu bezahlen als Männer. Es sieht deshalb einen Auskunftsanspruch an den Arbeitgeber vor. Er muss die Höhe des Lohns oder Gehalts begründen und die Kriterien der Einstufung offenlegen. Als Vergleichsgröße sind die Löhne oder Gehälter von mindestens fünf männlichen Kollegen heranzuziehen, deren Arbeit mit der der nachfragenden Frau vergleichbar ist. Das in vielen Unternehmen bestehende Verbot, über sein Gehalt zu reden, soll übrigens mit diesem Gesetz auch aufgehoben werden.
Zwei Möglichkeiten für Frauen
Von dem Auskunftsanspruch verspricht sich Schwesig mehr Transparenz, die auf lange Sicht dazu beitragen soll, die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen zu schließen. Im Durchschnitt über alle Branchen liegt die Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen immer noch bei 22 Prozent. Im direkten Vergleich - also bei gleicher Tätigkeit - verdienen Frauen im Durchschnitt acht Prozent weniger als Männer.
Im Einzelfall hat eine Frau allerdings auch künftig nur zwei Möglichkeiten, wenn sie schlechter bezahlt wird als ihre Kollegen. Sie kann hoffen, dass die ungleiche Bezahlung bei den nächsten Lohnverhandlungen zum Thema wird - oder sie muss wegen der offensichtlichen Diskriminierung den Klageweg beschreiten. Das geht auch heute schon, geschieht aber in aller Regel nicht: Denn bisher muss die Arbeitnehmerin ihre Benachteiligung nachweisen. Künftig wird die Beweispflicht umgekehrt.
Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten werden mit dem Gesetz verpflichtet, regelmäßig über die interne Lohnstruktur und die Frauenförderung zu berichten. Dazu sollen sie zertifizierte Verfahren zur Feststellung möglicher Lohnungleichheit anwenden. In einigen deutschen Unternehmen geschieht das schon.
Diskussionen in der Koalition erwartet
Aus dem Familienministerium hieß es dazu, die Berichtspflicht werde 6.200 Unternehmen mit knapp elf Millionen Beschäftigten betreffen. Das entspricht etwa einem Drittel der Arbeitnehmer in Deutschland. Die Auflagen sollen auch für die Bundesverwaltung gelten.
Schließlich setzt das Gesetz bei der Berufsberatung an. Sie soll Schulabgänger und -abgängerinnen darüber aufklären, was es heißt, einen typischen Frauenberuf zu ergreifen. Beraten werden soll auch über die Folgen einer langjährigen Teilzeitbeschäftigung oder langer Berufspausen. Niemand solle davon abgehalten werden, den Wunschberuf zu ergreifen, sagte Schwesig. Doch müssten junge Frauen sich frühzeitig mit ihrem Berufsweg beschäftigen, um Nachteile vermeiden zu können.
Schwesig sagte, sie rechne damit, dass über ihre Vorschläge in der Koalition noch diskutiert werde. Die Bevölkerung wisse sie aber hinter sich: 94 Prozent der Bürger seien laut einer aktuellen Studie im Auftrag des Ministeriums der Meinung, dass Geschlechtergerechtigkeit erst erreicht sei, wenn Frauen und Männer bei gleichwertiger Tätigkeit auch den gleichen Stundenlohn erhalten. Knapp drei Viertel halten auch nichts von der Geheimnistuerei um die Lohntüte: 75 Prozent der Frauen und 68 Prozent der Männer befürworten, dass die Durchschnittsgehälter von Positionen und Tätigkeitsbereichen im Betrieb allen bekannt sind.