TV-Tipp: "In jeder Sekunde" (3sat)

TV-Tipp: "In jeder Sekunde" (3sat)
Perfekte Parallelen gibt es nur in der geometrischen Theorie. In der Praxis werden sich die beiden Geraden irgendwann überschneiden; und sei es in der Unendlichkeit. Deshalb ahnt man in diesem Debütdrama von Jan Fehse früh, dass sich auch seine parallel erzählten Handlungsstränge kreuzen werden. Ganz am Schluss ist es tatsächlich so weit; wenn auch auf die denkbar tragische Weise.

Fehse, der das Drehbuch gemeinsam mit Christian Lyra schrieb, erzählt von zwei Paaren: Frick (Sebastian Koch), ein klinischer Psychiater, hat vor lauter Pflichterfüllung als Arzt, Ehemann und Vater einer an Mukoviszidose erkrankten Tochter schon lange nicht mehr an sich gedacht. Das ändert sich, als er die Galeristin Luisa (Jenny Schily) kennen lernt. Sie ist die Schwester einer früheren Patientin Fricks und weckt eine Sehnsucht in ihm, die er längst vergessen hatte.

Protagonistin der zweiten Ebene ist Sarah (Mina Tander), Besitzerin eines Plattenladens und Gelegenheits-DJane. Sarah hat sich gerade von Christoph (Wotan Wilke Möhring) getrennt. Kurz drauf lernt sie Ben (Ronald Zehrfeld) kennen, einen zwar begabten, aber auch etwas verkrachten Fotografen, der sich so gerade über Wasser hält. Die beiden verlieben sich ineinander, Sarah wird schwanger. Doch dann kreuzen sich die Lebenswege der Paare auf folgenschwere Weise, weil Christoph seine Ex-Freundin um jeden Preis zurückhaben will. In jeder Sekunde kann man dem Glück begegnen; oder dem Unglück.

Fehse hat jahrelang als Kameramann gearbeitet ("Herr Bello", "Tattoo"). Das erklärt, warum er für sein Regiedebüt derart namhafte Schauspieler gewinnen konnte: Der Film ist geradezu verschwenderisch besetzt. Barbara Auer zum Beispiel ist nur in wenigen Szenen als Fricks Ehefrau zu sehen; allenfalls eine Gastrolle kann man den Auftritt von Charly Hübner nennen. Tatsächlich aber genügen kurze Momente, um den Charakteren eine bemerkenswerte Tiefe zu geben. Die Darsteller wiederum nutzen den ganzen Spielraum, den die Figuren zu bieten haben. Besonders eindrucksvoll ist Wotan Wilke Möhring ist als koksender Eventmanager, dessen Narzissmus am Ende zur Katastrophe führt.

Fehse hat die Kameraarbeit seinem Kollegen Philipp Kirsamer überlassen, der mit seiner Handkamera immer ganz nah an den Figuren ist. Da die Handlung ständig zwischen den beiden Ebenen hin und her springt, ist die Erzählweise sehr episodisch. Zusammen mit der Bildgestaltung wirkt der Film auf diese Weise roh und lebensnah. Um so künstlicher klingen allerdings mitunter die Dialoge.