Auswandern ab
Dakar (epd)Der Sänger Omar Pène ist eine Legende im Senegal. "Wir Künstler kommen in der Welt herum und wissen, wie es woanders tatsächlich aussieht", sagt er, "wir sensibilisieren die Jugend und zeigen, dass man auch im eigenen Land Erfolg haben kann". Bereits 2005 hatte er in seinem Song "Liberté" (Freiheit) vor dem vermeintlichen "Eldorado Europa" gewarnt. In Zeiten, in denen die lebensgefährliche Reise nach Europa der Lebenstraum vieler afrikanischer Jugendlicher ist, wollen Musiker in dem westafrikanischen Land zeigen, dass es auch in der Heimat eine Zukunft geben kann.
Heimat als Inspiration
Die Musikszene im Senegal ist sehr lebendig, es gibt viele Festivals. Jedes Jahr im Dezember eröffnet der Künstler Baba Maal das Festival "Blues des Flusses" in seiner Heimatstadt Podor, im Norden am Fluss Senegal. Geschmückte Holzboote mit gelb-grün-roten Flaggen mit einem grünen Stern treiben dann auf dem Fluss: eine Art Pirogenballett mit den Fahnen Senegals. Die Ruderer sind ganz in Weiß gekleidet. Baba Maal steht am Bug im hellen Gewand und schwenkt eine Art Zepter, der Sänger als König der Zeremonie.
"Baba Maal zeigt uns allen, dass man in die Welt hinausziehen und zurückkommen kann", sagt der Journalist Babakar Niang. Er singt auf Englisch und den senegalesischen Sprachen Poular und Wolof, spielt traditionelle und moderne Musik. "Das ist seine Stärke und dafür wird er geliebt", beschreibt Niang und ergänzt: "Es gibt diejenigen, die weggehen und im Ausland bleiben. Es gibt die, die in Europa leiden. Aber es gibt auch diejenigen, die dort etwas lernen und zurückkommen, um in ihr Land zu investieren. Baba Maal gehört zu diesen Leuten."
Das Festival in Podor wird dieses Jahr zum zehnten Mal stattfinden. Es treten auch Künstler aus den Anrainerstaaten des Flusses Senegal auf, aus Guinea, Mali und Mauretanien. Auch der 41-jährige Ousmane Gangué aus Mauretanien hat jahrelang in Frankreich gelebt. Seit drei Jahren ist er wieder Afrika: Er braucht seine Heimat als Inspiration für seine Musik, wie er sagt. Derzeit nimmt er in Dakar ein neues Album auf, das vom senegalesischen Weltstar Youssou N'Dour produziert wird. "Für viele Afrikaner ist Europa immer noch gleichbedeutend mit Paketen von Geld", sagt Ousmane Gangué, der es besser weiß: "Nein, die Leute in Europa arbeiten, zahlen Steuern und Miete."
Den eigenen Kontinent entwickeln
Baba Maal, Youssou N'Dour und viele andere berühmte Künstler könnten in Frankreich leben. Aber sie bleiben lieber in Afrika und bringen nur ihre Kunst nach Europa.
Auch die Band Takeifa ist schon oft in Europa aufgetreten, vor allem in Spanien, im Sommer ist sie auch in Deutschland. Der 33-jährige Bandleader, Sänger und Gitarist Jac Keita hat bereits 2008 einen Song gemacht, in dem er vor der illegalen Auswanderung warnt. Damals nahmen viele Senegalesen die Piroge übers Meer - "Barcelona oder Barzak" lautete das Motto: Barzak bedeutet das Paradies nach dem Tod.
"Unsere Botschaft lautet: Bleibt daheim und entwickelt unseren Kontinent", sagt Jac Keita: "Zählt auf euch selbst! Wir dürfen nicht erwarten, dass das Gute von woanders kommt. Wir brauchen keine Hilfe, wir müssen begreifen, dass wir uns ernsthaft an die Arbeit machen müssen."
Auch der 20-jährige Rapper Kader Diaw sagt von sich, dass er noch nie ans Auswandern gedacht habe. Aber er würde gerne in Europa auf Tournee gehen: "Wir kommen nicht in einer Piroge", sagt er: "Was wir brauchen, sind ein Visum und alle Papiere, um legal hinzukommen und legal zurückkehren zu können".
Kampf um Geld für Essen und Miete
Dass es so schwer ist, ein Visum zu bekommen, ist aus Sicht vieler Afrikaner Teil des Problems der illegalen Auswanderung. Der Rapper Dread Skizo rechnet vor: "Für die illegale Überfahrt zahlen die Leute mindestens 750 Euro. Würden sie für 150 Euro ein Visum bekommen, könnten sie in Ruhe das Flugzeug nehmen und auch wieder zurückkommen."
Der im senegalesischen Dakar geborene Skizo sagt, er kenne viele junge Leute, die um nichts auf der Welt in Europa leben wollten: "Auf meinem Album 'Express Yourself' sage ich: Es bringt nichts, dein Leben in einer Piroge zu riskieren, um in Europa schlechter zu leben als hier."
Im Casino in Dakar spielen in der Lounge Bar jeden Abend beliebte Bands mit begabten Musikern auf der Bühne. Dread Skizo rappt hier als Gaststar. Den Traum von Europa hat der 33-Jährige ausgeträumt: Er lebte ein paar Jahre legal in Frankreich und in Schweden. Doch es zog ihn nach Dakar zurück, wie immer mehr Senegalesen in Europa: "In Europa besteht der alltägliche Kampf für die meisten Menschen darin, Geld fürs Essen und die Miete zu verdienen."