Leider war das Publikum nicht ganz so begeistert wie die Kritiker, weshalb die neue Reihe über die Hochzeitsplanerin Rosa wie ein Kompromiss wirkt; Liebesgeschichten wie diese gab es früher auch schon, und Sat.1 zeigt sie heute noch.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Tatsächlich könnte der Auftakt "Einfach Rosa - Die Hochzeitsplanerin" schon allein personell auch ein Dienstagsfilm des Privatsenders sein: Alexandra Neldel gilt nicht zuletzt wegen "Verliebt in Berlin" und der Trilogie "Die Wanderhure" als Sat.1-Gesicht, von der Produktionsfirma Wiedemann & Berg stammt unter anderem die Sat.1-Serie "Frauenherzen", und auch Regisseur Holger Haase hat viele sehenswerte Produktionen für den Sender gedreht (zuletzt das Ehedrama "Die Ungehorsame", davor unter anderem "Robin Hood & ich", "Mein Lover, sein Vater und ich!" und "Bollywood lässt Alpen glühen"). Einige waren inhaltlich weitaus komplexer als die Geschichte von Rosa, die einem beliebten Schema folgt: Eine Frau arrangiert das Glück anderer Leute, hat ihr eigenes aber noch nicht gefunden. Oder richtiger gesagt: Sie ist ihm davon gelaufen, und zwar gleich dreimal. So oft hat sie ihren Verlobten Sam (Pierre Kiwitt) schon vor dem Altar stehen gelassen; dabei ist sie doch überzeugt, dass sie und er füreinander bestimmt sind.
Bis hierher erinnert "Einfach Rosa" an Garry Marshalls Hollywood-Komödie "Die Braut, die sich nicht traut" mit Julia Roberts, aber nun kreuzt Autorin Conny Lubek die Handlung ihres ersten verfilmten Drehbuchs mit jenem Sujet, das man in Anlehnung an einen ZDF-Film mit Veronica Ferres als alleinstehende Standesbeamtin, die ständig Menschen unter die Haube bringt, "Das Glück der Anderen" (2014) nennen könnte: Rosa, eigentlich Grafikerin und natürlich Berlinerin, hat von einer Tante ein Brautmodengeschäft geerbt und möchte den Laden um eine Hochzeitsagentur ergänzen; exakt die gleiche Handlungsbasis gab es schon in der Degeto-Komödie "Hochzeitskönig" (April 2015). Wie dort die von Aglaia Szyszkowitz als chaotische, aber liebenswerte Mutter verkörperte Sozialarbeiterin, so betrachtet auch Rosa ihre Arbeit als Engagement, das weit über das Arrangement von Hochzeitsfeiern hinaus gehen soll. Schon ihr erster "Fall" entpuppt sich als Herausforderung: Michelle (Alissa Jung) will einen geschiedenen Mann (Oliver Bootz) heiraten, weil sie überzeugt ist, seine Tochter sei das Mädchen, dass sie als Teenager auf Druck ihrer Eltern zur Adoption freigeben musste. Als Rosa das rausfindet, gibt sie den Auftrag zurück: Ihre Kunden sollen die Ehe aus Liebe eingehen, nicht aus Berechnung. Aber natürlich geht ihr die Frau nicht mehr aus dem Kopf.
Heiter und temporeich inszeniert
Haase hat die Geschichten angemessen temporeich inszeniert, ohne dabei allzu sehr auf Comedy zu setzen. Es gibt zwar eine Vielzahl heiterer Momente, für die vor allem Rosas neue Freundin und Mitarbeiterin Meral (Sara Fazilat) und ihre türkischstämmige Familie sorgen, aber eine reine Komödie ist der Film nicht. Mehrfach zeigen stimmungsvoll umgesetzte Schnittfolgen die Protagonisten als einsame Großstädter; gleichfalls nicht neu, aber immer wieder wirkungsvoll. Auch die Szenen mit Rosas Mutter (Petra Kelling) sind nur vordergründig witzig: Sie hat ihre Tochter nach Rosa Luxemburg benannt und hält von Hochzeitsagenturen überhaupt nichts. Dement, wie Rosa vermutet, als sie Schuhe im Kühlschrank entdeckt, wird sie allerdings ist: Die alte Dame findet kühle Schuhe im Sommer schlicht erfrischend. Es gibt eine Vielzahl solcher Ideen am Rande; dazu zählt auch der Konditor, der in seinen Hochzeitstorten die ersten Begegnungen der Paare verarbeitet. Diese treffend besetzten kleinen Szenen sind gewissermaßen das Gegengewicht zu den rund zwei Dutzend jeweils meist nur kurz angespielten Popsongs, die den Film wie eine Vorabendserie wirken lassen.