Berlin (epd)Bei Juden in Deutschland wächst die Angst vor einem zunehmenden Antisemitismus durch die Flüchtlingszuwanderung. "Wir Juden haben massive Bedenken, die aber nicht wahrgenommen werden", sagte die Vorsitzende des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus, Lala Süsskind, am Mittwoch in Berlin. Viele der Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak seien in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der die Vernichtung von Israel und den Juden Staatsdoktrin gewesen sei.
Neuer Antisemitismus in Europa befürchtet
Sie in Deutschland zu integrieren, "wird wahnsinnig schwer", warnte Süsskind. In der deutschen Politik kämen die Sorgen der Juden aber nicht richtig an. "Wir fühlen uns da nicht ernstgenommen", kritisierte die frühere Berliner Gemeindevorsitzende.
Der Sprecher des Jüdischen Forums, Levi Salomon, sagte, die NS-Ideologie sei für die in Syrien und dem Irak über Jahrzehnte herrschenden Baath-Parteien ideologisches Vorbild gewesen. Deswegen müsse davon ausgegangen werden, "dass die meisten syrischen Flüchtlinge den Antisemitismus mit der Muttermilch eingesogen haben", sagte Salomon. Er spricht deshalb auch von einem reimportierten Antisemitismus, dessen Wurzeln zumeist im christlichen Abendland lägen und der jetzt wieder nach Europa zurückschwappe.
Warnung vor "Israelisierung Europas"
In einer von dem Jüdischen Forum herausgegebenen und vom Zentralrat der Juden mitfinanzierten Handbuch zum islamischen Dschihad warnt der Autor, der Terrorismus-Experte Berndt Georg Thamm, vor einer "Israelisierung Europas". Die aktuelle Situation in Israel mit ständigen Angriffen von Dschihadisten auf Menschen sei auch in Europa vorstellbar, sagte Thamm. Besonders gefährdet seien dabei Juden und jüdische Einrichtungen. Die antisemitische Speerspitze des Kampfes von Islamisten gegen den Westen ziehe sich wie ein roter Faden durch die Terroranschläge seit dem 11. September 2001.
In der öffentlichen Wahrnehmung würden die jüdischen Opfer immer als Kollateralschaden wahrgenommen wie bei den Anschlägen gegen die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" im Januar in Paris. Die jüdischen Opfer eines koscheren Supermarktes seien nur am Rande erwähnt worden. "Die Juden sind aber die Anschlagsziele des islamistischen Terrorismus, weil sie Juden sind", sagte Thamm.