Frankfurt a.M. (epd)Die Frankfurter Buchmesse hat sich zum Auftakt für die Meinungsfreiheit in aller Welt starkgemacht. Der britisch-indische Schriftsteller Salman Rushdie betonte am Dienstag in einer Gastrede: "Die Begrenzung der Meinungsfreiheit ist nicht nur Zensur, sie ist ein Angriff auf die menschliche Natur." Menschen seien Sprachwesen und existierten, indem sie sich ihre Geschichten erzählten. "Die Meinungsfreiheit ist ein universales Menschenrecht", bekräftigte der Autor, der immer noch unter einer iranischen Todes-Fatwa lebt.
"Ohne Meinungsfreiheit keine anderen Freiheiten"
Der größte Angriff gegen die Meinungsfreiheit geht nach den Worten Rushdies von der Behauptung westlicher Denker aus, dieses Recht sei kulturell spezifisch und gelte nur in bestimmten Ländern. Weitere Angriffe gebe es durch das Streben nach "Political Correctness", daneben durch "eine merkwürdige Allianz zwischen Teilen der europäischen Linken und radikalen Denkern des Islams". Wenn eine Ideologie sich als Religion bezeichne, werde im Westen die Feindschaft gegen Frauen, Juden und andere unter den Teppich gekehrt.
Rushdie rief Schriftsteller, Verleger und Bürger dazu auf, die Meinungsfreiheit gegen religiöse und politische Eiferer zu verteidigen, so wie die Schriftsteller und Aufklärer im 18. Jahrhundert die Meinungsfreiheit im Kampf gegen kirchliche Zwänge errungen hätten. "Ohne die Meinungsfreiheit gibt es keine anderen Freiheiten", sagte Rushdie. Literatur und Kunst hinterfragten die Wirklichkeit. Deshalb seien sie gefährlich für diejenigen, die die Geschichte kontrollieren wollten. Schriftsteller hätten selten Diktaturen überlebt, aber ihre Kunst habe die Diktaturen überlebt.
Absatz von E-Books steigt
Absatz von E-Books steigt
Der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller, betonte: "Die Meinungs- und Publikationsfreiheit sind für uns keine verhandelbaren Werte". Das Recht auf freie Meinungsäußerung sei die Basis der freien Gesellschaft. "Dem deutschen Buchmarkt geht es gut", sagte Riethmüller. Zwar habe es in diesem Jahr mangels starker internationaler Bestseller einen Umsatzrückgang von 2,5 Prozent gegeben, aber ein gutes Herbstgeschäft könne den Rückstand aufholen. Die elektronisch lesbaren E-Books hätten ihren Absatz wie im Vorjahr um knapp 13 Prozent gesteigert und machten jetzt 5,6 Prozent des gesamten deutschen Buchumsatzes aus.
Absatz von E-Books steigt
Auch der Direktor der Frankfurter Buchmesse, Juergen Boos, nannte die Freiheit des Wortes nicht verhandelbar. Der kurzfristig verkündete Rückzug Irans von der Buchmesse wegen des Auftritts von Salman Rushdie mache ihn nicht froh. Reden sei die bessere Alternative. Deshalb wolle die Buchmesse den Gesprächsfaden zu allen Ländern nicht abreißen lassen, auch zu Iran, Saudi-Arabien oder China. Dieses Jahr habe die Buchmesse die englischsprachige Medienwelt in den Mittelpunkt gerückt.
7.100 Aussteller erwartet
Die Buchmesse vom 14. bis 18. Oktober erwartet rund 7.100 Aussteller aus 105 Ländern. Gastland ist das der Bevölkerung nach drittgrößte Land der Erde, Indonesien. Der südostasiatische Inselstaat präsentiert sich unter dem Motto "Indonesien. 17.000 Inseln der Imagination" auf 500 Veranstaltungen rund um die Messe. Im Mittelpunkt stehen Lesungen mit mehr als 70 Autoren, Ausstellungen und das kulinarische Festival "Spice it Up" im Gastland-Pavillon auf dem Messegelände und an verschiedenen Veranstaltungsorten in der Stadt.
700 Aussteller
Zahlreiche internationale und deutsche Autoren nehmen an der Buchmesse teil, darunter Isabel Allende, Ken Follett, Jussi Adler-Olsen, Zeruya Shalev, Neil MacGregor, Adolf Muschg, Clemens J. Setz und Navid Kermani, designierter Preisträger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2015. Auch bekannte Gesichter aus Unterhaltung, Sport und Politik werden als Autoren erwartet, darunter die Schauspieler Mario Adorf und Iris Berben, die Musiker Heinz-Rudolf Kunze und Judith Holofernes, der Bergsteiger Reinhold Messner und Eiskunstläuferin Katarina Witt sowie Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).