Der Faire Handel in Deutschland boomt. Im vergangenen Jahr gaben die Verbraucher mehr als eine Milliarde Euro für gerecht gehandelte Produkte aus, wie der Branchenverband Forum Fairer Handel am Mittwoch in Berlin mitteilte. Gegenüber dem Vorjahr ist das eine Steigerung um 31 Prozent. Pro Kopf bedeutet es allerdings nicht mehr als 13 Euro im Jahr für Waren aus dem fairen Handel.
In den vergangenen drei Jahren hätten sich die Handels-Umsätze in der Branche verdoppelt, sagte Forums-Geschäftsführer Manuel Blendin. Jedoch hinke Deutschland mit seinen Pro-Kopf-Ausgaben gegenüber der Schweiz (57 Euro) und Großbritannien (33 Euro) noch deutlich hinterher.
"Für gerechtere Wirtschafts- und Handelsstrukturen reichen individuelle Konsumentscheidungen und freiwillige Unternehmensinitiativen allein nicht aus"
Am häufigsten griffen die Deutschen beim Kaffee (38 Prozent), bei Blumen (12 Prozent) und bei Südfrüchten (10 Prozent) zu fairen Produkten. Der Anteil von Textilien lag bei acht, von Schokolade bei vier Prozent. Das entsprach gut 20 Millionen Schokoladentafeln. Der Absatz von Kaffee wuchs 2014 um 20 Prozent auf insgesamt 15.700 Tonnen, eine Verdopplung innerhalb der vergangenen vier Jahre. Um 53 Prozent wuchs zum Vorjahr der Verkauf von fairem Zucker auf knapp 4.700 Tonnen.
Den Löwenanteil am fairen Handel macht mit knapp 800 Millionen Euro das Fairtrade-Produktsiegel aus. Von den bundesweit etwa 800 Weltläden und Aktionsgruppen wurden 2014 insgesamt Waren im Wert von 72,5 Millionen Euro vertrieben. Erstmals ausgewiesen wurden zudem die Umsätze mit fair gehandelten Produkten aus dem globalen Norden. Mit in der hiesigen Landwirtschaft zu fairen Bedingungen erzeugten Klassikern wie Milch oder Brot wurden 60,5 Millionen Euro Umsatz erzielt.
Für das Forum Fairer Handel ist diese Entwicklung zwar sehr erfreulich. Aber für mehr globale Gerechtigkeit bedürfe es politischer Weichenstellungen, betonte die Organisation. "Für gerechtere Wirtschafts- und Handelsstrukturen reichen individuelle Konsumentscheidungen und freiwillige Unternehmensinitiativen allein nicht aus", sagte Politik-Referent Armin Massing.
Auch deutsche Unternehmen seien direkt oder indirekt an Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen entlang globaler Lieferketten beteiligt und profitierten davon: "Die deutsche Gesetzgebung muss bestehende Grauzonen beseitigen, um Mensch und Umwelt weltweit besser zu schützen."
Mit einer Unterschriftenkampagne soll der Druck auf die Politik erhöht werden, verbindliche Regeln zur Haftung bei Menschenrechtsverstößen einzuführen. "Die Unternehmen müssen gesetzlich gezwungen werden, Verantwortung für ihre Lieferketten zu übernehmen", sagte Massing. Ein von der Bundesregierung vorgesehener nationaler Aktionsplan für höhere Menschenrechtsstandards im globalen Handel setzt laut Massing bislang überwiegend auf Freiwilligkeit der Händler.