TV-Tipp des Tages: "Wer ist Thomas Müller?"
TV-Tipp des Tages: "Wer ist Thomas Müller?", 23. Juni, 22.45 Uhr in der ARD
Er war bereits Held eines Spielfilms, nun hat ihm Christian Heynen einen Dokumentarfilm gewidmet: Thomas Müller wird endlich der Respekt erwiesen, den er schon lange verdient. Die Rede ist allerdings keineswegs vom Fußballstar: Thomas Müller ist schlicht der häufigste deutsche Name, und daher liegt es nahe, ihn zum personifizierten Durchschnitt zu erklären. Darum ging es schon in "König von Deutschland": Als inkarnierter Mittelwert war der Thomas Müller aus der Komödie das perfekte Versuchskaninchen für Marketingstrategien. Heynen reicht nun die entsprechenden Statistiken nach.
Das hätte naturgemäß ein ziemlich trockenes Werk werden können, aber davon kann keine Rede sein, weil "Wer ist Thomas Müller?" komplett ohne Tortengrafiken und Balkendiagramme auskommt. Statt dessen sorgen animierte Zwischenspiele für unterhaltsame Auflockerungen. Es gibt zwar immer wieder mal Schrifttafeln, doch die sind meist witzig und verblüffend. Allerdings erfährt man auf diese Weise auch, dass jeder vierte Deutsche ein Ausländerfeind ist und sich jeder zehnte einen "Führer" wünscht. Größter Unterschied zu vergleichbaren faktenlastigen Produktionen aber ist das Konzept: Auf der Suche nach Thomas Müller ist Heynen für seinen ersten neunzigminütigen Dokumentarfilm quer durch Deutschland, nach Auschwitz und sogar nach Afghanistan gereist.
Entscheidend für die Qualität des Films war die Auswahl der Interviewpartner: Die Männer heißen zwar alle gleich, sind aber völlig unterschiedlich; und nur dem Namen nach durchschnittlich. Und weil es Heynen offenkundig gelungen ist, ihr Vertrauen zu gewinnen, sind einige der Gespräche ausgesprochen persönlicher Natur. Da der Autor im Grunde gar nicht Thomas Müller, sondern den typischen Deutschen sucht, geht es natürlich auch immer wieder um die Frage, was eigentlich typisch deutsch ist. Mit Hilfe einer
Website, die viele zusätzliche Informationen bietet, hat Heynen die Menschen kurzerhand selbst antworten lassen, und auch diese Aussagen sind in den Film eingeflossen. Jan und Sabine Müller, das jugendliche und das weibliche Pendant zu Thomas, wirken übrigens ebenso mit wie der "echte" Thomas Müller, der als Nationalspieler zwar kein durchschnittliches Leben mehr führen kann, aber glaubwürdig versichert, er sei so normal wie möglich geblieben.