"Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck, aus der ich komme, liegt ziemlich in der Mitte Deutschlands - zwischen Hofgeismar und Hanau - und deckt einen Teil von Hessen ab (überwiegend den Nordosten, reicht aber bis in das Rhein-Main-Gebiet hinein). Sie hat gegenwärtig noch etwa 850.000 Mitglieder. Mein Dekanat, das Dekanat Hanau, ist der südlichste Zipfel der EKKW und umfasst nach der Fusion der früheren Dekanate Hanau-Stadt und Hanau-Land ein recht großes Gebiet auf der Landkarte. Aktuell umfasst es rund 75.000 evangelische Christen.
Ich habe mich gar nicht lange im Vorfeld dafür entschieden, für die EKD-Synode zu kandidieren - ich habe es mehr oder weniger der Tagesordnung der Landessynode entnommen, dass die Wahlen anstehen. Dann habe ich es mir eine Weile überlegt und auch ein bisschen mit mir gerungen, weil ich eigentlich genügend Termine habe. Längere Abwesenheiten führen im Dekanat immer zu Stress. Aber schließlich habe ich einfach mal meinen Hut in den Ring geworfen. Ich war dann überrascht von den vielen Interessentinnen und Interessenten für die Mitarbeit in der EKD-Synode. Das war eigentlich erstmalig so: Bisher wurden immer Leute gesucht und am Ende hatte man gerade so viele, wie gewählt werden mussten. Diesmal war es eine "richtige Wahl" und ja - ich bin gewählt worden.
Das Gemeinsame stärken
Prinzipiell liegt mir für die Synode besonders am Herzen, die Gemeinsamkeiten der Gliedkirchen zu stärken. Das war auch ein wesentlicher Impuls, warum ich kandidiert habe: Weil ich denke, in unserer pluralen Gesellschaft ist es einfach wichtig, auch als evangelische Kirche - bei allen Unterschieden - das Gemeinsame zu stärken und auch ein evangelisches Profil deutlicher nach außen zu tragen.
"Meine" Themen sind: Zuerst Fragen der Diakonie: Wie können wir diakonische Kirche sein und das, was Jesus uns aufgetragen hat - die Nächstenliebe - in der Gesellschaft auch glaubwürdig leben?" Das beschäftigt mich schon länger, so bin ich zum Beispiel auch Mitglied im Aufsichtsrat der Diakonie Hessen.
Der Blick muss über Deutschland hinausgehen
Außerdem sind mir Fragen der ökumenischen Theologie wichtig: Wie können wir weltweite Kirche sein? Ich finde, der Blick muss über Deutschland hinausgehen - in Bezug auf Partnerschaften, aber auch auf Herausforderungen, die die Flüchtlingsfrage im Moment an die Europäer stellt.
Mir ist in diesem Zusammenhang wichtig, dass Aussagen wie der von Innenminister de Maizière widersprochen wird, dass Kirchengemeinden mit dem Kirchenasyl Rechtsbruch begehen würden. Wir müssen deutlich machen, warum Kirchengemeinden sich in der Pflicht sehen, helfend tätig zu werden. Deswegen ist es mir auch ein Anliegen, Kirchengemeinden zu stärken, die das Gespräch mit Rechtsextremen suchen, soweit das möglich ist - und deutlich zu machen, dass das keine Haltung sein kann in dieser "Einen Welt". Wir müssen mehr Verständnis wecken für Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen. Persönlich erlebe ich in meinem Zuständigkeitsbereich eine große Offenheit und Hilfsbereitschaft Flüchtlingen gegenüber. Wir hatten im vergangenen Jahr im Kirchenkreis sieben oder acht Kirchenasyle, alles sogenannte "Dublin II-Fälle". Und alle haben ein positives Ende gefunden. Aus meiner Sicht hat sich in der breiten Masse der Bevölkerung da etwas gewandelt gegenüber den achtziger Jahren, als schon einmal die Flüchtlingsfrage so aufkam. Ich glaube, die Bereitschaft, Flüchtlingen zu helfen, ist insgesamt gewachsen in der Bevölkerung.
Ich war wegen dieser Schwerpunktthemen von mir auch Mitglied in der Konferenz für Diakonie und Entwicklung in Berlin. Dort bin ich jetzt nur noch Stellvertreterin. Deshalb habe ich aber schon eine EKD-Perspektive entwickelt und habe ein Interesse an der Weiterarbeit an diesen Themen auf synodaler Ebene.
Außer den Erfahrungen im Bereich der Diakonie liegen meine Stärken vielleicht auch noch im Umgang mit rechtlichen Fragen. Ich komme von der Rechtswissenschaft, habe zuerst Jura studiert, bevor ich zur Theologie kam. Im Besonderen bin ich relativ kompetent in Mitarbeiterrechtsfragen, denke ich.
Vernetzung untereinander
Mein ganz persönliches Anliegen ist die Vernetzung untereinander und die Vernetzung der Gliedkirchen. Ich möchte versuchen, das was offenbar als so trennend erlebt wird, ein Stückchen aufzuweichen und das Gemeinsame als Evangelische Kirche in Deutschland zu stärken. Wir sind ja auch uniert in Hanau, haben die reformierte und die lutherische Tradition. Ich selbst komme aus der lutherischen Tradition (aus Paderborn), finde es aber, wie viele Christinnen und Christen heute, wirklich nicht mehr wichtig. Ich erlebe das auch in der Diskussion mit römisch-katholischen Christen, die sagen: Was soll das noch, die Mauern aufzubauen? Lasst uns doch als Christen in der Welt gemeinsam handeln. Dazu möchte ich beitragen, da ein Stückchen weiterzukommen.
Die größte Herausforderung für mich persönlich ist, die Arbeit als Synodale zeitlich noch irgendwie einzubauen. Ich möchte mir die Synodentermine nicht nur freihalten - das geht natürlich im Kalender - sondern auch vernünftig vor- und nachbereiten. Und das auch jenseits der eigentlichen Synodaltagung, wenn das – zum Beispiel in Ausschüssen – erforderlich sein sollte. Ich möchte einfach angemessen viel Zeit haben, um mein Amt verantwortlich wahrnehmen zu können.
Ein weiteres Anliegen von mir ist natürlich das Kontakte-knüpfen. Gelungen fand ich in diesem Zusammenhang zum Beispiel den Abend der Begegnung und das gemeinsame Essen der Tagungsteilnehmerinnen auf der Synodentagung (dass auch die Genderfragen nicht aus dem Blick geraten). Überhaupt habe ich mich sehr gefreut über die große Offenheit, mit der sich die Synodalen begegnen. Als Neuling bin ich überraschend schnell ins Gespräch gekommen. Alle geben sich Mühe, zu kommunizieren und in Kontakt zu treten. Das finde ich sehr schön!
Ich habe eine Lieblingsbibelstelle, die mir auch als Leitvers für die Arbeit in der EKD-Synode dienen kann. Sie steht im zweiten Timotheus-Brief, Kapitel 1, Vers 7: 'Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.' Diesen Spruch versuche ich auch zu leben."