TV-Tipp: "Tatort: Gier" (ARD)

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TV-Tipp: "Tatort: Gier" (ARD)
TV-Tipp: "Tatort: Gier" (ARD) am 7. Juni um 20.15 Uhr
Der ORF ist mit seinen "Tatort"-Krimis immer wieder für Überraschungen gut.

Mal geht es gegen die Mafia, dann um Drogen schmuggelnde Senioren; mal ist der Tonfall eher heiter, dann wieder todernst. Bei ihrem Drehbuch zu "Gier" erlaubt sich Autorin Verena Kurth gleich einen doppelten Luxus: Der Krimi beginnt nicht mit einem Mord, sondern mit einem Unfall; und 45 Minuten später stellt sich raus, dass die gesamte erste Hälfte des Films im Grunde bloß ein Prolog war, weil die eigentliche Geschichte jetzt erst beginnt. Das heißt jedoch keineswegs, dass der erste Teil eine viel zu ausführliche Einführung ist, im Gegenteil, zumal der Auftakt recht dramatisch ist: Eine junge Frau kommt bei einem tödlichen Unfall in einer Chemiefabrik mit höchst aggressiver Säure in Kontakt, die sich im Nu durch ihren Schutzanzug frisst. Die Nachricht ereilt ihren Patenonkel (Hubert Kramar) ausgerechnet während seiner Geburtstagsfeier, und da es sich bei dem Mann um "Ernstl", den Chef von Moritz Eisner (Harald Krassnitzer), handelt, sollen der Oberstleutnant und seine Kollegin (Adele Neuhaus) der Sache nachgehen.

Arbeitsunfälle fallen zwar nicht ins Ressort des BKA, aber auf diese Weise ist das Duo bereits mit den Personalien vertraut, als es doch noch zu einem Mord kommt. Bis dahin haben die beiden immerhin schon mal rausgefunden, dass das Säureopfer einen minderwertigen Schutzanzug trug. Auf diese Weise spart der Hersteller viel Geld; die Frau musste dafür mit ihrem Leben zahlen. Kein Wunder, dass der Witwer ausrastet, als er das hört. Als kurz darauf der Geschäftsführer der Wiener Wendler-Werke, zu dem auch der Schutzanzughersteller gehört, erschossen wird, steht der Hauptverdächtige umgehend fest. Dank "Ernstl" hat der Witwer jedoch ein Alibi; die ganze Sache ist ohnehin viel komplizierter, als Eisner und Fellner in diesem Moment ahnen.

Tatort "Gier": Viele Morde, ein makaberes Schlussdetail

Abgesehen von einigen "Split Screen"-Szenen, in denen der geteilte oder gar gedrittelte Bildschirm für Dynamik sorgt, inszeniert Routinier Robert Dornhelm ("Kronprinz Rudolf") den Film angenehm ruhig, wenn auch weitgehend ohne den üblichen Wiener Schmäh. Man hat zwar viel Muße, die schöne Musik (Tommy Schobel) zu würdigen, aber Buch und Regie setzen immer wieder Reizpunkte. Das gilt vor allem für die wichtigsten Akteure des parallel zu den Ermittlungen eingeführten Familienunternehmens. Geschickt lässt die Geschichte wichtige Fragen offen, was mit Erfolg die Neugier schürt.

Reizvollste Figur in dieser Hinsicht ist der eigentliche Besitzer des Konzerns: Peter Wendler ist offenbar das Opfer eines Komplotts seiner ebenso ehrgeizigen wie skrupellosen Frau Sabrina (Maria Köstlinger) geworden und fristet sein Dasein seit dreißig Monaten in der Sicherheitsverwahrung. Abgesehen von einer kleinen Zwangsneurose versieht Anian Zollner diesen Mann mit einer tödlichen Gelassenheit. Und dann ist da noch der seltsam illoyale indische Haushaltshelfer (Thomas Nash) von Sabrina Wendler. Der Mann ist das personifizierte Rätsel. Der Mörder ist immer der Butler? Kein spektakulärer, aber ein feiner "Tatort", der mit einem weiteren Mord und schließlich mit einem ziemlich makaberen Schlussdetail endet.