Die zwei Pole der Diskussion wurden erst am Wochenende wieder deutlich. In der "Bild am Sonntag" befürwortete die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, die Gleichstellung: "Wenn sich zwei lieben und aus dieser Liebe heraus heiraten wollen, sich binden, füreinander einstehen, wer will das einschränken oder gar verurteilen?"
Gleichzeitig wurde in Sachsen ein neuer Landesbischof gewählt, der beim Thema Homosexualität Zweifel hegt. Carsten Rentzing, den die Synodalen zum leitenden Geistlichen bestimmten, war 2012 einer der Wortführer der sogenannten Bekenntnisinitiative, die sich der von der Landeskirche angestrebten Öffnung des Pfarrhauses für schwule und lesbische Paare entgegensetzten.
Zentrale biblische Gebote - gleichgeschlechtliche Partnerschaften
In der evangelischen Kirche sei die Diskussion über die Gleichstellung von homosexuellen Paare noch nicht abgeschlossen, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm jüngst und verwies dabei unter anderem auf das Adoptionsrecht, das homosexuellen Paaren in Deutschland als eines der letzten Punkte bei der Gleichstellung noch vorenthalten ist. Bedford-Strom äußerte sich dazu vorsichtig.
Andere positionieren sich klar: "Das A und O ist, dass Kinder ein Maximum an Zuwendung und Fürsorge bekommen", sagte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski. Er rechne mit lebhaften Diskussionen über das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare. "In Etappen werden wir aber dazu kommen", sagte er.
Auch Bedford-Strohm ließ mehrmals erkennen, dass er mehr Gleichstellung befürwortet. In seiner jüngsten Erklärung schreibt er, für ihn ergebe sich aus zentralen biblischen Geboten der Impuls zu einer Öffnung der Kirche gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.
Wie es die evangelische Kirche mit der Ehe hält - Ausgang offen
Offen äußerte sich aktuell auch der Berliner Bischof Markus Dröge. Für seine Kirche sei praktizierte Homosexualität weder krankhaft noch sündhaft, sagte er. Die Synode seiner Landeskirche hat jüngst beschlossen, eingetragene Lebenspartnerschaften der kirchlichen Trauung rechtlich und liturgisch gleichstellen zu wollen.
In der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau sind Segnungen schon seit 2002 möglich. Vor zwei Jahren wurden Trauung und Segnung faktisch gleichgestellt. Der dortige Kirchenpräsident Volker Jung begrüßte das Votum der Iren zur völligen Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe: "Das ist eine wichtige Entscheidung für das Land, aber auch darüber hinaus."
Weiter südlich gelten andere Regeln: Die pietistisch geprägte württembergische Kirche lässt gleichgeschlechtliche Paare nur in Einzelfällen im Pfarrhaus zu. Der württembergsiche Bischof Frank Otfried July gehörte auch zu den schärfsten Kritikern der EKD-Orientierungshilfe zum Thema Familie, die neben der traditionellen Mutter-Vater-Kind(er)-Familie auch eine Anerkennung anderer Familienformen verlangt. Dazu zählt sie aus Scheidung hervorgegangene Patchworkfamilien, Alleinerziehende und gleichgeschlechtliche Partnerschaften.
Das Papier sorgte für eine heftige Debatte. Kritiker sahen vor allem Defizite in der theologischen Argumentation. Der Umgang mit der Bibel sei bei der Erstellung der Orientierungshilfe "zumindest sorglos" gewesen, kritisierte July in der Debatte Ende 2013 das EKD-Papier. Viele Diskussion drehten sich seither um das Familienpapier und die Frage, wie es die evangelische Kirche mit der Ehe hält - Ausgang noch offen.