"Das Recht auf Nahrung zählt zu den am häufigsten verletzten Menschenrechten", erklärt die Kammer der EKD für nachhaltige Entwicklung in einer am Mittwoch in Berlin vorgestellten Studie. Zugleich betont sie: "Eine Welt ohne Hunger ist keine Utopie." Nicht nur die Politik, sondern auch Unternehmen und die Verbraucher stünden in der Pflicht.
Die Autoren der Studie mit dem Titel "Unser tägliches Brot gib uns heute" plädieren vor allem für eine Neuausrichtung der Agrarpolitik. "Im Kampf gegen Hunger ist eine Agrarwende notwendig", sagte der Vorsitzende der EKD-Kammer, Thilo Hoppe, bei der Vorstellung der Studie. Ein Boom bei Agrarinvestitionen habe dazu geführt, dass sich Großinvestoren der Landwirtschaft zuwendeten und großflächig Monokulturen betrieben. Kleinbauern, Landarbeiter, Hirten und Fischer bräuchten mehr Hilfe, um sich selbst besser versorgen und lokale und regionale Märkte beliefern zu können. "Es geht nicht um 'Kleinbauernromantik'", sagte Hoppe. "Wir wollen neue Technologien nicht verbieten." Allerdings dominiere in vielen Fällen der Ansatz, die armen Regionen vor allem mit Hightech zu versorgen. "Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz." Allein der Fokus auf die Technologie führe dazu, dass etwa die Böden in Mitleidenschaft gezogen und auch der Ertrag nicht nachhaltig sei. Kleinbäuerliche Familienbetriebe in armen Ländern müssten besonders unterstützt werden.
Nach Angaben der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen hungern weltweit mehr als 800 Millionen Menschen. Rund zwei Milliarden Menschen leiden an Vitamin- und Mineralstoffmangel. Die UN haben das Ziel gesetzt, bis spätestens 2030 den Hunger in der Welt zu überwinden.
"Ein 'Weiter so' in der globalen Landwirtschaft ist keine Option, wenn wir den Hunger bekämpfen und auch besiegen wollen", unterstrich auch Gudrun Kordecki, Leiterin des Fachbereichs Nachhaltige Entwicklung beim Institut für Kirche und Gesellschaft. Kordecki sieht durch den starken Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden vor allem die biologische Vielfalt in Gefahr. Dies habe enorme Auswirkungen auf die Umwelt und den Menschen.
Für den Referenten für Afrika und Entwicklungspolitik der EKD, Klaus Burckhardt, müssen auch die Konsumenten ihren Beitrag leisten, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Die Empfehlungen der Studie zielen dabei auch auf kirchliche Einrichtungen ab. So soll etwa beim Einkauf von Lebensmitteln auf fairgehandelte und regionale Produkte geachtet werden. Es soll ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass beim Kauf dieser Lebensmittel bessere Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern unterstützt werden. Es bleibt den Einrichtungen überlassen, ob sie aus ihrem Budget für nachhaltigen Konsum mehr Geld veranschlagen.
Die 20 Mitglieder des kirchlichen Expertengremiums forderten die Bundesregierung auf, Ernährungssicherheit, Armutsbekämpfung und Agrarentwicklung zum Top-Thema zu machen. Dazu gehört laut Studie auch, die Spekulation mit Nahrungsmitteln einzudämmen. Zudem müssten handelsverzerrende Agrarsubventionen abgeschafft und Leitlinien zur verantwortlichen Regierungsführung bei Landnutzungsrechten eingeführt gelten. Diese sollten zu verbindlichen Standards in der deutschen Außenwirtschaftsförderung und bei internationalen Finanzinstituten werden.