Thomas Stiller hat schon einige herausragende Filme gedreht (unter anderem "Zwölf Winter" und "Sie hat es verdient"), aber dieser Hochspannungs-Thriller mit dem ironischen Titel "Frohe Ostern, Falke" ist sogar für den vielfältigen "Tatort"-Sendeplatz ungewöhnlich. Stiller (Buch und Regie) gelingt das Kunststück, zu Beginn große Spannung aufzubauen und sie dann kontinuierlich zu steigern.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Die Geschichte fällt gleich in mehrfacher Hinsicht aus dem Rahmen. Sie erzählt keinen gewöhnlichen Krimifall, sie trennt das Duo Thorsten Falke (Möhring) und Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller), und sie rückt die Kommissarin in den Vordergrund: Die Bundespolizistin ist mit einem Bekannten zu Gast bei einer Hamburger Wohlfahrtsgala, als plötzlich fünf als Horrorhasen verkleidete Männer den Festsaal stürmen. Es handelt sich um Mitglieder der militanten Aktivistengruppe Bad Easter Bunnies (böse Osterhasen). Sie wollen die mehreren Dutzend Festgäste zwei Stunden lang in Geiselhaft nehmen und mit dieser Aktion auf die verschwenderische Überflüssigkeit solcher Veranstaltungen hinweisen. Die vier anderen Hasen wissen allerdings nicht, dass der fünfte Mann (Thomas Sarbacher), der sich zum Wortführer aufschwingt und die eigentlich gewaltfreie Gruppe zum Einsatz von Maschinenpistolen überredet hat, ein Killer ist. Der Kerl verfolgt ganz andere Pläne und setzt beim Überfall auf das Fest erst mal ein tödliches Zeichen.
Spannung auf mehrere Ebenen verteilt
Natürlich bedient sich Stiller klassischer Thriller-Elemente, indem er Lorenz, die selbstredend kein Opferlamm abgeben will, immer wieder in brenzlige Situationen bringt. Gleichzeitig sorgt das kluge Drehbuch dafür, dass sich die Spannung auf mehrere Ebenen verteilt: Vor dem Haus hat sich längst ein mobiles Einsatzkommando der Polizei versammelt. Falke, den die Kollegin heimlich per SMS informiert hat, sind allerdings die Hände gebunden, er ist in diesem Fall überhaupt nicht zuständig. Immerhin findet er raus, dass das Hinrichtungsopfer gleich zu Beginn des Überfalls keineswegs zufällig ausgewählt worden ist, was der Handlung zusätzliche Brisanz verleiht. Aber auch der Killer bekommt Informationen von draußen: Er hat einen Maulwurf beim MEK. Ohnehin wechselt Stiller immer wieder geschickt die Perspektive. Aus Sicht der vier "unschuldigen" Osterhasen nimmt die Aktion mit dem ersten Todesfall eine Dimension an, die sie nie gewollt haben. Deshalb gelingt es Lorenz auch, einen der Bewacher auf ihre Seite zu ziehen.
Bei seiner Inszenierung zieht Stiller ebenfalls alle Register. Bildgestaltung (Marc Liesendahl), Schnitt und Musik (Fabian Römer) ergänzen einander perfekt. Zu den dramaturgischen Stilmitteln des Films gehört auch der grimmige Humor: In einem riesigen Ei wartet eine Künstlerin mit Kopfhörern geduldig auf ihren großen Auftritt, und als sich das Ei endlich mit allerlei Feuerwerk öffnet, erschreckt sich einer der Geiselnehmer derart, dass es gleich noch mal kracht.