Rund 440.000 Menschen harrten in belagerten Orten aus und seien von der Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten abgeschnitten, erklärte das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) am Freitag in Genf. Der UN-Menschenrechtsrat verlangte unterdessen, alle Kriegsverbrecher zu bestrafen.
Im vergangenen Monat hatten schätzungsweise etwa 212.000 Menschen in belagerten Orten auf Hilfe gewartet. Inzwischen habe die Terrormiliz "Islamischer Staat" im Nordosten Syriens weitere Gebiete abgeriegelt, in denen insgesamt 228.000 Menschen lebten. Die Zahl der Zivilisten, die durch Regierungstruppen, Rebellen und Terrormilizen von der Außenwelt abgeschnitten sind, habe sich damit mehr als verdoppelt.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet von einer immer schlechteren Gesundheitsversorgung in ganz Syrien. Fast 60 Prozent der öffentlichen Krankenhäuser seien infolge der Kämpfe teilweise oder völlig außer Betrieb. Viele der noch geöffneten Hospitäler könnten nur noch einen Notbetrieb für Verletzte und Kranke aufrecherhalten.
Die WHO appellierte an die Weltgemeinschaft, bei der Geberkonferenz für Syrien am Dienstag kommender Woche in Kuwait großzügig zu spenden. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon wird die eintägige Konferenz leiten. Insgesamt sind nach UN-Angaben mehr als zwölf Millionen Menschen in Syrien auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Der UN-Menschenrechtsrat verurteilte in einer Resolution die Kriegsverbrechen, die in dem arabischen Land von den Konfliktparteien verübt werden. Entführungen, Verschleppungen, Folter, sexuelle Gewalt, willkürliche Hinrichtungen und der Beschuss von Wohnvierteln dürften nicht straffrei ausgehen. Das UN-Gremium plädierte für eine Strafverfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.
Diplomaten hielten jedoch fest, dass der UN-Sicherheitsrat den Fall Syrien an den Internationalen Strafgerichtshof überweisen müsse. Der Sicherheitsrat ist seit Jahren in der Frage blockiert, weil die Vetomacht Russland das Regime des Diktators Baschar al-Assad stützt. Mitte der Woche hatten Diplomaten von der Möglichkeit berichtet, dass der Menschenrechtsrat die Aufstellung eines internationalen Sondertribunals für Syrien verlangt. Diese Forderung tauchte in der Resolution nicht mehr auf.
Seit Beginn des Konflikts im März 2011 wurden mehr als 220.000 Menschen getötet, knapp vier Millionen Männer, Frauen und Kinder flohen vor der Gewalt ins Ausland. Innerhalb Syriens sind weitere Millionen Menschen auf der Flucht. In dem Land kämpfen das Assad-Regime, Rebellengruppen und Terrormilizen um die Macht.