Der Arbeitstitel dieses mitunter recht bedrückenden Dramas lautete "Die Betreuungsfalle", und das bringt die Geschichte perfekt auf den Punkt. Zunächst jedoch beginnt "Sein gutes Recht" wie eine sympathische Altersromanze: Als die verwitwete Leni (Thekla Carola Wied) im Park ihren toten Papagei begräbt, begegnet sie Max (Matthias Habich), ihrer Jugendliebe; die beiden waren vor fünfzig Jahren ein Tanzschulpärchen, haben sich dann aber aus den Augen verloren. Autor Marco Wirsch, Regisseurin Isabel Kleefeld und Kameramann Alexander Fischerkoesen finden für die vorsichtigen Annäherungsversuche des Paares ebenso schöne stimmige Bilder wie zuvor für die Trauer um den Vogel. Erst mal probieren es Leni und Max mit einer erneuten Tanzstunde, dann zeigt die Kamera sie aus der Distanz: zwei ältere Herrschaften, die gut gelaunt auf den Bus warten. Leni wundert sich zwar später über das heillose Durcheinander in Max’ Villa, denkt sich aber nichts dabei.
Max hat Halluzinationen
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Plädoyer vor Gericht
Der Rest der Geschichte gehört jedoch Leni, die sich bei der Richterin (Ulrike Krumbiegel) für das Recht ihres Freundes auf Selbstbestimmung einsetzt. Geschickt vermeidet es die für das Drama "Arnies Welt" mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Regisseurin, die Frau zu dämonisieren. Auch der Anwalt (Götz Schubert) macht einen durchaus sympathischen Eindruck. Beide scheinen tatsächlich nur das Beste für Max zu wollen; bis Leni, als ehemalige Grundschullehrerin ein Ass im Kopfrechnen, auf eine merkwürdige Unstimmigkeit in den Zahlen des Juristen stößt.
Angesichts der zwischenzeitlichen Dramatik, als Leni im Seniorenheim Hausverbot erhält und sich schließlich sogar in einer geschlossenen Abteilung wiederfindet, wirkt das beinahe märchenhafte Ende fast zu schön, um wahr zu sein. Gleiches gilt für das Plädoyer, das Leni vor Gericht halten darf: Schicksale wie das von Max ereigneten sich nur, wenn jeder die Verantwortung weiterreiche; aber Recht hat sie natürlich trotzdem. Ein hervorragend gespielter, mit viel Feingefühl inszenierter Film über den Mut einer Frau, die sich bei ihrem Einsatz für das Grundrecht der Menschenwürde nicht einschüchtern lässt.