Die unter anderem für den Freitagsfilmtermin im "Ersten" zuständige ARD-Tochter Degeto hat unter neuer Führung im Verlauf der letzten ein bis zwei Jahre vieles verändert. Nicht immer zur Freude des Publikums allerdings; das kürzlich ausgestrahlte anspruchsvolle Drama "Unterm Eis" hatte mit den vormals unter dem Markennamen "Liebe am Fjord" gezeigten Geschichten bloß noch den norwegischen Schauplatz gemein und stieß auf wenig Gegenliebe. Wenn nicht alles täuscht, ist auch die Reihe "Utta Danella" nicht mehr, was sie mal war.
Der Film "Lisa schwimmt sich frei" zum Beispiel widersetzt sich erfolgreich dem üblichen Schubladendenken. Marcus Hertneck erzählt eine Liebesgeschichte, in der nur ein einziges Mal geküsst wird, weil die Heldin allen Beziehungen, die über Freundschaft hinausgehen, abgeschworen hat. Trotzdem ist der Film auch ein Beziehungsdrama, das zudem komödiantische Züge trägt, aber keine Komödie sein will. Entsprechend klug war die Entscheidung, sich von dem Arbeitstitel „Liebe kommt nach dem Fall“ zu verabschieden: Die Liebe liegt zwar in der Luft, aber im Grunde ist „Lisa schwimmt sich frei“, der Sendetitel deutet es an, ein Emanzipationsdrama.
Die Sonne scheint, das Grün ist saftig
Nun haben es Geschichten, die sich nicht ohne weiteres zuordnen lassen, erfahrungsgemäß schwer. Vielleicht hat Peter Stauch, Regisseur für leichte, mitunter aber auch anspruchsvolle Komödien (von "Der Prinz von nebenan" bis "Neue Adresse Paradies"), dem Film deshalb ein hochsommerliches Gesicht gegeben.
Abgesehen von den Rückblenden signalisieren sämtliche Einstellungen Romantik: Die Sonne scheint, das Grün ist saftig, der Starnberger See einladend, Kameramann Philip Pfeiffer sorgt für manche hübsche Gegenlichtaufnahme, die Filmmusik klingt gerade im Kontrast zu den einfallslos eingesetzten Popsongs nach echter Handarbeit, und dank der Konstellation einer attraktiven Frau zwischen zwei schmucken Männern bringt der Film auch personell alles mit, was eine romantische Komödie – so stuft die ARD "Lisa schwimmt sich frei" tatsächlich ein – braucht.
Komplexes Beziehungsgeflecht
In Wirklichkeit aber ist der Kern der Geschichte überhaupt nicht komisch, denn Landschaftsarchitektin Lisa (Suzan Anbeh) leidet unter einem Beziehungstrauma, seit ihr Freund Hugo (Stephan Luca), ein erfolgreicher Architekt, sie und die beiden gemeinsamen Kinder sitzen gelassen hat. Ihr Freund Teddy (Janek Rieke) umsorgt sie zwar rührend, muss sich aber mit der Rolle begnügen, die sein Spitzname nahe legt. Als Hugo eines Tages wieder vor der Tür steht, Lisa zur Teilnahme an einem Wettbewerb für Landschaftsarchitektur überreden will und auch nichts dagegen hätte, die vor fünf Jahren abrupt unterbrochene Beziehung fortzusetzen, reagiert Lisa zunächst völlig verunsichert; bis sie dank Teddys Schocktherapie endlich erkennt, warum sie die Trennung nie verarbeitet hat.
Es gibt diverse Momente, die den Film in der Tat komödiantisch wirken lassen; dafür sorgt nicht zuletzt der Hahnenkampf zwischen Hugo und Teddy sowie die damit verbundenen Verbalscharmützel. Dass sowohl Lisa wie auch Hugo restlos pleite sind, nimmt Hertneck gleichfalls eher heiter; in einer Szene stopft Hugo bei einem Empfang das halbe Büffet in eine Plastiktüte. Andererseits ist das mehrfach wiederkehrende Bild, dem der Film seinen Titel verdankt, ein klares Signal: Lisa hat sich vorgenommen, den See zu durchschwimmen; sie schafft es aber immer nur bis zu einer hölzernen Plattform. Teddy weiß, dass sie diese Herausforderung allein meistern will und muss; Hugo hingegen, der sich selbst der Nächste ist, kapiert das nicht. Als Lisa die Distanz schließlich schafft, ist auch der Film am Ziel; nun muss sie nur noch über Hugo hinwegkommen.
Dank des klug konstruierten Drehbuchs kann es sich Hertneck sogar leisten, auf dramaturgische Spannungsverstärker zu verzichten. Natürlich will man wissen, was damals vorgefallen ist, zumal Lisas kleine Tochter das Ereignis als Geschichte vom Drachen, der in Wirklichkeit eine Hexe ist, verpackt; aber fesselnd ist der Film vor allem wegen des komplexen Beziehungsgeflechts zwischen den drei Hauptfiguren. Gemessen an früheren "Utta Danella"-Schmonzetten weckt der Reihentitel daher eher falsche Erwartungen, zumal Hertnecks Drehbuch nicht mal auf einer konkreten Vorlage der Bestsellerautorin beruht.