Manchmal ist ein Film so gut, dass man gar nicht weiß, wo man mit dem Lob anfangen soll. Die Geschichte dieses "Tatorts" ist mindestens ungewöhnlich, die Inszenierung von Florian Baxmeyer, seit einigen Jahren Stammregisseur der Krimis von Radio Bremen, jederzeit sehenswert, die Bildgestaltung um ungewöhnliche Momente bemüht, die Darstellerführung gerade der Jugendlichen mehr als bemerkenswert. Die Vorlage zum Drehbuch von Matthias Tuchmann und Stefanie Veith stammt von Felice Götze und Sabine Radebold. Die Handlung erinnert von Ferne an das auf einem authentischen Kriminalfall basierende historische französische Drama "Die Wiederkehr des Martin Guerre" (1982), dem elf Jahre später das Hollywood-Remake "Sommersby" folgte: Nach einem Krieg taucht in einem Dorf ein Mann auf, der sich als der vor Jahren verschwundene Martin Guerre vorstellt. Freunde, Nachbarn und auch die Ehefrau freuen sich, dass er wieder da ist; aber ein Zweifel bleibt.
Geschichte einer Familientragödie
Es wird kein Zufall sein, dass der Titel "Die Wiederkehr" darauf anspielt, doch noch vor der eigentlichen Handlung beginnt der Film mit einer Rückblende: 2005 ist Fiona Althoff verschwunden. Inga Lürsen (Sabine Postel) war damals überzeugt, der Vater stecke dahinter. Der Mann hatte einen alkoholbedingten Filmriss und konnte sich an nichts erinnern. Durch die Befragung der Kommissarin fühlte er sich derart in die Enge getrieben, dass er sich schließlich das Leben nahm. Zehn Jahre später klingelt es bei den Althoffs. Vor der Tür steht eine junge Frau mit pinkfarbenen Haaren, in der Hand eines jener Flugblätter, das die verzweifelte Familie damals verteilt hat. Sie sei Fiona, sagt sie, und von einem Pärchen entführt worden, das mit einem Wohnmobil quer durch Europa gereist sei. Mutter Silke (Gabriela Maria Schmeide) ist überglücklich. Einzig Lührsen traut der Sache nicht; selbst ein DNS-Test, der Fionas Identität bestätigt, kann sie nicht umstimmen. Das bewahrt sie allerdings nicht vor einer internen Untersuchung ihrer damaligen Vorgehensweise. Weitere Rückblenden sorgen dafür, dass man die ganze Vorgeschichte erfährt.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Es sind vor allem die Leistungen der Schauspieler, die diesen "Tatort" aus der Vielzahl von Krimis herausragen lassen. Die junge Gro Swantje Kohlhoff ist fast schon erschreckend glaubwürdig als Fiona, die erzählt, sie sei jahrelang von Freunden ihrer Entführer missbraucht worden; ihre anzüglichen Bemerkungen haben bei Lührsens Partner Stedefreund regelmäßige Irritationen zur Folge. Ähnlich überzeugend ist Amelie Kiefer als ältere Schwester, die anfangs die Skepsis der Kommissarin teilt. Gruselig gut ist Gabriela Maria Schmeide als bedingungslos liebende Mutter, die für ihre Kinder durchs Feuer gehen würde (den Bruder der beiden Mädchen spielt Levin Liam).
Aber der Film glänzt nicht nur darstellerisch. Die Geschichte einer Familientragödie ist mitunter mutwillig unübersichtlich, doch das ist Teil der dramaturgischen Strategie, zumal das ausgeklügelte Drehbuch am Ende für plausible Erklärungen sorgt; die Auflösung ist ohnehin eine echte Überraschung. Sehenswert ist "Die Wiederkehr" auch wegen der Kameraarbeit (Peter Krause), zumal es immer wieder Einstellungen gibt, die zwar nicht unmittelbar mit der Handlung zu tun haben (eine verlorene Puppe am Straßenrand), aber viel zur speziellen Atmosphäre dieses abgründigen Krimis beitragen. Umso erfrischender sind die witzigen Bemerkungen des Gerichtsmediziners (Matthias Brenner), weil sie so völlig aus dem düsteren Rahmen fallen.