"Regiogeld": Alternative zum Euro?

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"Regiogeld": Alternative zum Euro?
Menschen tauschen Geld oder Leistungen in eine Regionalwährung und können diese nur in der Region ausgeben. Bringt das neuen Schwung in die regionale Wirtschaft?

"In ländlichen Regionen ist es einfacher, vielleicht geht es noch in Kleinstädten." Frank Jansky gilt als Vordenker der Regiogeld-Szene. Und der Jurist aus dem idyllischen Güsen im Jerichower Land steckt voller Erfahrungsschätze. Vor einem Jahrzehnt gründete Jansky mit Gleichgesinnten eine der ersten Tauschwährungen, den "Urstromtaler", im Süden Sachsen-Anhalts. Mehrere Dutzend Händler konnten zunächst gewonnen werden, die neue Währung als Bezahlung anzunehmen. "Urstromtaler" sollte dem Euro Konkurrenz machen. Doch entpuppte sich der Aufbau eines Tauschrings trotz der Starterfolge bald als zu schwierig. Auch "Nahgold", "Zschopautaler" oder das "Rössle" waren Regiogelder. Und sind doch längst Vergangenheit.

Dabei ist die Idee ganz einfach: Menschen tauschen Geld oder Leistungen in eine Regionalwährung und können diese nur in der Region ausgeben. Ebenso müssen teilnehmende Unternehmen die Regiogeld-Einnahmen in der Heimat investieren. Zudem verliert Regiogeld üblicherweise an Wert. Diese "Umlaufsicherung" frei nach dem deutschen Kaufmann Silvio Gesell soll sicherstellen, dass Gelder nicht wie Euros bei der Bank gehortet, sondern schnell wieder ausgegeben werden. Dadurch versprechen sich die Initiatoren neuen Schwung für die lokale Wirtschaft.

"Eigentum ist Diebstahl"

Doch wer allein aufs Geld setzt, hat auf Sand gebaut. Davon ist man auch bei Regiogeld e.V. in Magdeburg überzeugt. "Personelle und materielle Ressourcen sind schnell aufgezehrt", warnt der Dachverband vor naiver Euphorie. Einnahmen aus Zinsen, wie sie Geschäftsbanken erlangen, gibt es bei Regiogeldern naturgemäß nicht; und die Akzeptanz der Nutzer entsteht langsamer als meist von den Akteuren erwartet. Vor allem in den Städten platzten viele Geld-Träume schnell. In der Anonymität von Großstädten sei es "schwierig", eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren.

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Versuche, alternative Bezahlsysteme zu schaffen, gehen bis auf das 19. Jahrhundert zurück. Der französische Ökonom Pierre-Joseph Proudhon ("Eigentum ist Diebstahl") legte den Nährboden für den Zweifel am konventionellen Geld. Das wurde allerdings damals noch von privaten Banken, nicht von staatlichen Zentralbanken ausgegeben. Proudhon versuchte im Nachklang der Bürgerlichen Revolution 1849 vergeblich, eine weitgehend geldlose Tauschbank zu gründen. Kaiser Napoleon III. schmiss den Ketzer in den Knast.

Versuche in Deutschland scheiterten in den 1930er Jahren an Weltwirtschaftskrise und politischen Widerständen. Zielten solche frühen Währungsexperimente häufig auf eine gesellschaftliche Utopie, begnügte man sich in der Bundesrepublik meist mit lokalen Projekten, wie 1993 mit dem "Knochengeld" am Prenzlauer Berg in Berlin, das vorrangig als Künstlerhappening in Erinnerung blieb. Vor allem seit dem Börsencrash im März 2000, als Dotcom-Blase und "Junge Ökonomie" platzten, gab es viele Geld-Experimente. Doch seit dieser Hochphase vor zehn Jahren hat sich die Zahl halbiert.

"Nur mit Masseuren geht es nicht"

Zwei Dutzend aktive Regiogelder gibt es heute noch bundesweit. Ein solcher Dauerbrenner ist der "Chiemgauer". Vor über einem Jahrzehnt durch Schüler einer zehnten Klasse der Waldorfschule in Prien am Chiemsee gegründet, zählt die Chiemgauer-Statistik heute 629 Unternehmen plus 255 Vereine. Jüngst stießen beispielsweise die Freiwillige Feuerwehr Obing, das Kinderhaus St. Johannes und die Anthroposophische Gesellschaft hinzu.

Entscheidend für den Erfolg sind Menschen, die Lösungen für praktische Probleme anstreben. Beim "Chiemgauer" war es die Sanierung einer Sporthalle, in der Wingst bei Cuxhaven war es die Schließung einer Dorfschule oder es geht wie in der Lausitz um den Zusammenhalt einer Gemeinde, die unter Wegzug und Deindustrialisierung leidet.

"Viele Gründer hofften dagegen nach dem Erfolg des 'Chiemgauer' auf einen Automatismus", mahnt Stratege Jansky. Doch zunächst bedarf es etwa einer Bürgerinitiative oder eines Unternehmerzusammenschlusses und die dürften sich nicht allein in Geld-Fragen verlieren, sondern sollten handfest anpacken. Außerdem müsse die Struktur stimmen: "Nur mit Masseuren können Sie kein Regiogeld erfolgreich etablieren."

Für die Zukunft bleibt Jansky, der landauf, landab mit seinen Vorträgen tourt - Optimist: "Es entstehen immer wieder neue interessierte Gruppen." Etwa 30 Entwicklungsgruppen kenne er. Auch wenn längst nicht aus jeder dieser Initiativen eine lokale Währung herauswächst, sieht der Rechtsanwalt eine große Veränderungsdynamik im Lande. Regiogeld sei nur ein kleiner Teil davon. Demographie und Landflucht, Finanzkrise, Deindustrialisierung und schrumpfende Beschäftigung in vielen Regionen ließen immer mehr Menschen aktiv werden. Geld sei Dank.