Ab sofort heißt es genießen: diesen Film und anschließend zwei weitere, dann geht Hauptkommissarin a.D. Bella Block endgültig in den Ruhestand. Der Jubiläumsfall dieser 1994 gestarteten und mehrfach mit den wichtigsten Fernsehpreisen ausgezeichneten Krimireihe führt die Hamburger Ermittlerin im Ruhestand wieder mal ins Ausland. Lissabon ist nicht bloß großartige Kulisse, sondern passt auch vortrefflich zum nachdenklichen Grundton der Reihe und ihrer Hauptfigur. Bella Block (Hannelore Hoger) ist auf Einladung von Staatsanwalt Mehlhorn (Hansjürgen Hürrig) in Portugal. Der Jurist besucht dort einen Freund aus Studienzeiten: Bernhard Greve (Henry Hübchen) handelt mit medizinischen Geräten und will Mehlhorn überreden, die Beamtenlaufbahn zu beenden und anlässlich eines viele Millionen Euro schweren Deals mit Angola sein Partner zu werden.
Fehlendes Alibi
All das aber reicht Autor Fabian Thaesler erst später nach, wie ohnehin die gesamte Vorgeschichte in Form von Rückblenden erzählt wird. Manchmal stammen die Bilder aber auch aus einem Traum der einstigen Kommissarin, was gleich in zweifacher Hinsicht dramaturgisch geschickt ist: Einerseits setzt die Ermittlerin das komplette Bild dieses Falls buchstäblich im Schlaf zusammen, andererseits sind die Alpträume ein deutlicher Hinweis darauf, dass die von Hannelore Hoger wie stets vorzüglich und intensiv verkörperte Bella Block in ihrem Leben ein paar Tote zu viel gesehen hat.
Der Handlungskern selbst ist nicht weiter ungewöhnlich, aber ausgesprochen reizvoll und clever verpackt: Eine junge Kellnerin ist nach einem Messerstich in den Bauch vom wohl berühmtesten Aussichtpunkt Lissabons, dem "Elevador de Santa Justa", in den Tod gestürzt. Kurz zuvor hatte sie noch die Gäste auf Greves Geburtstagsparty bedient. Der Gastgeber wiederum ist zur Tatzeit in der Nähe des Turms gesehen worden. Ein Alibi hat er auch nicht zu bieten: Mehlhorns Freund erwacht am nächsten Tag auf einem Friedhof, furchtbar zugerichtet, mit Gehirnerschütterung und partiellem Gedächtnisverlust; an den letzten Abend hat er keinerlei Erinnerung. Für den Staatsanwalt steht außer Frage, dass die Polizei seinen Freund zu Unrecht verdächtigt, und er reagiert äußerst empört, dass Bella Block Greves Unschuld in Zweifel zieht. Tatsächlich jedoch hat der Mann ordentlich Dreck am Stecken, so dass ihn die Polizei schließlich sogar verdächtigt, an dem vermeintlichen Suizid einer weiteren jungen Frau sechs Monate zuvor beteiligt gewesen zu sein, aber die Wahrheit ist eine ganz andere; und sie ist viel trauriger.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
"Für immer und immer" ist der 35. Film der Reihe und die fünfte "Bella Block"-Regiearbeit von Christian von Castelburg, der die Episode bedächtig, fast besonnen inszeniert; die zum Teil wunderschönen Aufnahmen der Hauptstadt Portugals fangen auf großartige Weise die unvergleichliche Atmosphäre ein (Kamera: Martin Farkas). Die großartige Musik von Christine Aufderhaar tut ein Übriges, um die Bilder mit viel Melancholie aufzuladen. Das entspricht perfekt der Geschichte, denn im Grunde erzählt Thaesler vor allem von Verlusten. Keiner kommt ungeschoren davon: Die einen verlieren ihren Glauben an die Freundschaft, die anderen ihre Träume von der Liebe und einige ihr Leben. Dazu passt ein Gespräch zwischen Bella Block und dem späteren Opfer (Luise Heyer) über die Sterne, deren Licht uns noch erreicht, obwohl sie längst erloschen sind.