"Klinik unter Palmen" lautete der Arbeitstitel dieses Dramas. Als Schauplatzbeschreibung ist das völlig zutreffend, aber damit sind die Parallelen zur einstigen ARD-Filmreihe auch schon erschöpft: Das Lazarett, in dem sich die Handlung von "Gegen den Sturm!" zuträgt, ist ein notdürftig zusammengeschustertes Lager irgendwo im Busch von Sumatra. Der Film erzählt vom uneigennützigen Engagement einer international zusammengesetzten Gruppe, die nach dem Vorbild der Initiative Ärzte ohne Grenzen in Krisengebiete fliegt, um den Menschen zu helfen.
Chaotischen Zustände
Hauptfiguren der Geschichte von Florian Schumacher ("...und dann kam Wanda") ist die Münchener Chirurgin Sophie (Alexandra Neldel), die sich vorübergehend der Organisation für den Einsatz auf Sumatra zur Verfügung stellt: Die Insel ist von einem Erdbeben heimgesucht worden, die Versorgung ist zusammengebrochen. Im Camp trifft sie auf Matthias (Hannes Jaenicke). Der Arzt erinnert zwar eher an einen Abenteurer als an einen Mediziner, aber er setzt sich leidenschaftlich für seine Patienten ein. Sophie ist gleichzeitig abgestoßen und angezogen von dem Kollegen, der auf die chaotischen Zustände mit Zynismus reagiert: Das Lazarett ist skandalös unterversorgt. Der Nachschub steckt im Zoll fest oder versickert in den Reihen der Rebellen. Sophies Bewunderung für den asthmakranken Matthias wächst mit jedem Tag; bis sie vermuten muss, dass er mit den Rebellen gemeinsame Sache macht.
Für Hannes Jaenicke ist der kernige Dschungeldoktor, der einst vor der Bürokratie des deutschen Gesundheitssystems geflohen ist, naturgemäß eine Paraderolle. Geschickt halten Schumacher und Regisseur Sebastian Vigg in der Schwebe, ob Matthias tatsächlich lebensrettende Medikamente verscherbelt. "Gegen den Sturm!" ist zwar in erster Linie ein romantisches Drama vor exotischem Hintergrund, aber der fesselnde Film behandelt die Thematik durchaus seriös; unter anderem wird die Frage diskutiert, ob man Spendengelder nutzen darf, um die einheimischen Behörden zu bestechen, damit die Ausrüstung tatsächlich in den Lazaretten eintrifft. Sorgfältig integrierte Ausschnitte aus Nachrichtensendungen, die fast unmerklich in die Filmhandlung übergehen, informieren über den Ablauf außerhalb des Camps: Auf das Beben folgen ein Nachbeben, ein Wirbelsturm und schließlich eine Seuche.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Im Vordergrund steht dennoch die Arbeit der Ärzte, die immer wieder Wege finden müssen, sich mit dem Mangel zu arrangieren; die entsprechenden Bilder sind mitunter recht unappetitlich. Natürlich spielt die Beziehung zwischen der von Matthias zunächst sarkastisch als Praktikantin bezeichneten Sophie und dem mürrischen Teamleiter eine zentrale Rolle, aber die sich anbahnende Romanze findet eher subtil statt, und Neldel und Jaenicke spielen das bei ihrem ersten gemeinsamen Film als Hauptdarsteller durchaus sehenswert. Auch wenn die weiteren Darsteller (mit Ausnahme einer Gastrolle für Gesine Cukrowski) weitgehend unbekannt sind: Das internationale Ensemble ist gleichfalls gut und glaubwürdig zusammengestellt.