21) Wenn digitale Räume und Netze für immer mehr Menschen aller Generationen fester Bestandteil ihrer Welt sind, muss es kirchliche Verkündigung und christliches Zeugnis in diesen Räumen und Netzen geben. Unabhängig von der je eigenen Befindlichkeit und Meinung zu ihnen, ist die Ansprechbarkeit in digitalen Räumen und Netzen auf das eigene christliche Bekenntnis für alle notwendig, die sich der Kommunikation des Evangeliums widmen.
22) Kirchliche Kommunikation ist – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung – oft genug noch vom klassischen Modell der Vermittlung einer Botschaft vom Sender zum Empfänger geprägt. Die mit den digitalen Medien verbundene Abkehr vom Sender-Empfänger-Modell der Kommunikation hin zu interaktiver, partizipativ angelegter, rezeptionsorientierter Kommunikation beinhaltet erhebliche Umstellungen für die kirchliche Kommunikation und deren Wahrnehmung. Einen exemplarischen Beitrag zur notwendigen Veränderung der kirchlichen Kommunikationskultur sehen wir darin, Mitarbeitende und Mitglieder zur Wahrnehmung ihrer kommunikativen Verantwortung zu befähigen.
23) Die digitale Gesellschaft muss damit umgehen, dass der Wegfall technischer Hürden und Begrenzungen für die Nutzung von Inhalten einerseits Erwartungen an deren freie Verfügbarkeit weckt, andererseits die mediengebundenen Konzepte für den Schutz von Urheberrechten überholt. Aus evangelischer Perspektive ist die freie Verfügbarkeit von Inhalten zu begrüßen, weil und soweit sie der Teilhabe aller Menschen an geistigen Inhalten und dem ungehinderten öffentlichen Ideenaustausch dient. Zugleich bedarf aber der Umgang mit Inhalten Regelungen, die Urheber vor immaterieller wie materieller Ausbeutung schützen und die wirtschaftlichen Bedingungen der geistigen Produktion erhalten. Von diesem Spannungsverhältnis ist speziell auch die Verkündigung des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft berührt: Ihr Ursprungstext, die Bibel, ist aller Welt frei zugänglich zu machen und zu erhalten. Das ist der zentrale Auftrag der Kirche und aller Christen. Zugleich unterliegt die Verbreitung des Bibeltextes ökonomischen Bedingungen, für die das Urheberrecht an der Bibelübersetzung eine erhebliche Rolle spielt. Die Evangelische Kirche in Deutschland pflegt die sprachprägende Bibelübersetzung Martin Luthers durch regelmäßige Revisionen, die sie für den täglichen Gebrauch der Bibel empfiehlt. Sie muss sich fragen lassen, wie sie unter den Bedingungen der digitalen Gesellschaft mit dem Urheberrecht am revidierten Text im Sinne ihres originären Verkündigungsauftrags umgeht.
Lesen und diskutieren Sie weiter in Baustein IX. Die Technik gebrauchen in christlicher Freiheit.