TV-Tipp des Tages: "...und dann kam Wanda" (ARD)

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TV-Tipp des Tages: "...und dann kam Wanda" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "...und dann kam Wanda", 17. Oktober, 20.15 Uhr im Ersten
Karlheinz Kluss, ein gestandener Bauunternehmer aus Berlin, schlittert mit seiner kleinen Firma unaufhaltsam in die Pleite. Nicht einmal den geplanten Urlaub mit seinen beiden Kindern kann der verwitwete Vater sich noch leisten. Für seine Misere macht er polnische Schwarzarbeiter verantwortlich, die ihm auf Großbaustellen alle Jobs vor der Nase wegschnappen.

Die Geschichte dieser romantischen Komödie ist Hannes Jaenicke wie auf den Leib geschrieben, was nicht weiter überrascht, denn er hatte die Idee dazu. Selbstredend spielt er auch die Hauptrolle, einen kernigen Berliner Bauunternehmer, der aus seiner Abneigung gegen Ausländer keinen Hehl macht; vor allem die Polen sind ihm regelrecht verhasst. Natürlich mag man den Kerl trotzdem, denn wie bei den meisten Jaenicke-Rollen ist die unsympathische Fassade bloß ein Panzer, der ein weiches Herz schützen soll. Außerdem ist er alleinerziehender Vater, und sein Betrieb ist im Prinzip pleite, weil er sich weigert, Pfusch zu Dumpingpreisen zu verkaufen; das sichert der Figur ein gewisses Mitgefühl. Darüber hinaus ahnt und hofft man natürlich, dass sich Karlheinz Kluss im Verlauf der Erzählung wandeln wird. Andererseits macht das die Figur und somit auch die Handlung natürlich überschau- und erwartbar, schließlich ist das Muster immer wieder das gleiche: Irgendwann wird es einer Frau gelingen, den Panzer zu knacken. Der Titel "... und dann kam Wanda" bringt das schön auf den Punkt: Aus Sicht von Karlheinz ist die Welt vielleicht nicht perfekt, aber alles hat seine Ordnung; und die bringt Wanda ganz schön durcheinander.

Ein Verhältnis

Trotz dieser Vorhersehbarkeit in den Grundzügen entwickelt die Geschichte großen Charme, weil Drehbuch, Ausstattung und Kostüm immer wieder mit unerwarteten Details erfreuen. Auf diese Weise gleicht der Film auch die Schlichtheit der Charaktere aus: Karlheinz ist zum Polenhasser geworden, weil seine mittlerweile verstorbene Frau einst ein Verhältnis mit einem Polen hatte. Die attraktive Wanda wiederum lebt vor allem vom Kontrast: Karlheinz lernt die Deutschpolin in einem Striplokal kennen, doch tatsächlich ist sie Juristin, die ihr Studium aus Prüfungsangst nicht abgeschlossen hat. Weil der Bauunternehmer für die Sommerferien dringend ein Kindermädchen braucht, kommt Wanda wie gerufen. Ihre basiert jedoch auf einer Lüge: Er ist ein fanatischer Gegner von Schwarzarbeit, sie unterschlägt ihre offizielle Anmeldung; und weil ihr die Behörden ohnehin auf der Spur sind, steht irgendwann der Zoll vor der Tür.

Selbstverständlich steht und fällt "... und dann kam Wanda" mit Hannes Jaenicke, neben Henning Baum hierzulande einer der letzten Darsteller echter Kerle, die auch ohne Hemd eine gute Figur machen. Selbst wenn er anfangs etwas dick aufträgt: Es macht Spaß, ihm dabei zuzuschauen, wie er den schleichenden Wandel der Figur verkörpert. Eine echte Überraschung ist jedoch Karolina Lodyga als Titelfigur: Die gebürtige Polin hat keinerlei Mühe mit ihrer ersten Hauptrolle und ist Jaenicke eine ebenbürtige Partnerin. Außerordentlich gut geführt sind auch die beiden Darsteller von Karlheinz’ Kindern: Bella Bading spielt die kleine Tochter vorzüglich, und Matti Schmidt-Schaller (Sohn von Andreas, Halbbruder von Petra Schmidt-Schaller) trägt seine Dialoge in den Streitgesprächen zwischen Karlheinz und seinem Sohn Vincent bemerkenswert trocken vor. Mit Vincent ist auch das positive Lebensgefühl des Films verknüpft: Der zu Beginn aus seinem Kopfhörer erklingende Bob-Marley-Song gibt nicht nur den Tonfall der Geschichte vor; auch die gutgelaunte Musik von Andy Groll greift immer wieder Reggae-Elemente auf.

Das Drehbuch stammt von Florian Schumacher, Koautor Holger Haase hat auch Regie geführt. Der Absolvent der Ludwigsburger Filmakademie ist wie viele andere talentierte Regisseure nach einem vielversprechenden Debüt ("Das Leben der Philosophen") beim Alltagsfernsehen gelandet. Inhaltlich sind die Geschichten nicht immer so originell wie bei der Sat.-1-Komödie "Bollywood lässt Alpen glühen", aber den Filmen ist stets anzusehen, dass er kein Fernsehen von der Stange machen will; meist sind die Komödien auch besser als ihre Titel ("Mein Lover, sein Vater und ich!", ebenfalls Sat.1), selbst wenn sie im Grunde bloß Fröhlichkeit verbreiten wollen.

In diesem Fall geht es neben der offenkundigen Moral (Lügen haben kurze Beine) auch um die Auseinandersetzung mit diversen Klischees, denn Karlheinz pflegt jedes nur denkbare Vorurteil, das man gegenüber Ausländern haben kann. "... und dann kam Wanda" antwortet darauf allerdings mit Stereotype, die nicht minder klischeehaft sind: Als Karlheinz einen Vertrag nicht erfüllen kann, ist es Wandas Cousin Marek (Adrian Topol), der ihm mit seinen ebenso fleißigen wie fröhlichen Mitarbeitern hilft, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Auch das aber ist Teil einer Verabredung zwischen Film und Publikum, die der Arbeitstitel allerdings besser signalisiert hat: "Alles Gute kommt aus Polen".