Australien: Das Kreuz mit dem Klimawandel

Klimaschutz in Australien
Foto: reuters/Daniel Munoz
Australien: Das Kreuz mit dem Klimawandel
Obwohl Australien vom Klimawandel direkt betroffen ist, kümmert sich die Regierung wenig um Umweltschutz. Im Gegenteil: Sie fördert die Kohleindustrie. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften halten dagegen und setzen sich für die Bewahrung der Natur ein. An diesem Wochenende nehmen sie am Interreligiösen Klimagipfel in New York teil.

An diesem Wochenende treffen sich Vertreter der Weltreligionen in New York zu einem Klimagipfel. Auf Einladung des Weltkirchenrats wollen die Religionen - vor der UN-Vollversammlung zum Thema Weltklima in der kommenden Woche - auf ihrem Interfaith Summit on Climat Change ein gemeinsame Strategie im Kampf gegen den Klimawandel festlegen. Mit dabei sind auch australische Religionsvertreter. Australien ist eines der am stärksten betroffenen Länder und gemessen am Pro-Kopf-Ausstoß des Klimakillers CO2 Weltspitze auch auf der Verursacherseite. Die konservative Regierung in Canberra hält jedoch Klima- und Umweltschutz für überflüssigen Schnickschnack.

"Als Christen sind wir aufgerufen, die Schöpfung zu respektieren und zu bewahren. Da die nationalen Regierungen zögern, schwierige Entscheidungen zu treffen, liegt es an uns als Teile des Körpers von Christus bei Maßnahmen zur Reduzierung der zerstörerischen Umweltverschmutzung eine Führungsrolle zu übernehmen." Das ist der Kernsatz in der Erklärung von Professor Andrew Dutney, Präsident der Uniting Church in Australien, zur Begründung einer tiefgreifenden klimapolitischen Entscheidung seiner Kirche. "Um den zerstörerischen Klimawandel in den Griff zu bekommen, müssen wir uns schleunigst hin zu einer grünen Ökonomie bewegen. Der Uniting Church ist klargeworden, dass die Fortsetzung von Investitionen in Unternehmen, die fossile Brennstoffe herstellen, nicht den Wandel unterstützt, den wir brauchen."

Mit anderen Worten: Australiens Uniting Church hat vor wenigen Wochen beschlossen, ihre Investitionen aus Fonds mit Aktien von Bergbau-, Öl- und Gaskonzernen abzuziehen und in klimafreundliche, grüne Unternehmen zu investieren.

Regierung löste die Klimakommission einfach auf

Alle großen christlichen Kirchen haben sich den Kampf gegen die Klimawandel in Down Under auf die Fahnen geschrieben. Zusammen mit australischen Muslimen und Juden, Buddhisten und Hindus haben sie sich zu der Allianz "Australian Religious Response to Climate Change" (ARRCC) zusammengeschlossen. Fast schon kann man sagen, die Religionen sind die Speerspitze der Klimaschutzbewegung Australiens. Sie stehen damit in Opposition zur Klimapolitik der australischen Regierung unter der Führung von Premierminister Tony Abbott. Der "Verrückte Mönch", wie Abbott wegen seiner Vergangenheit als katholischer Priesterseminarist von australischen Medien gerne tituliert wird, hält den Klimawandel für eine globale Verschwörung grüner Spinner und roter Teufel gegen die freie Wirtschaft.

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Maurice Newman, Chefberater des Premierministers für Wirtschaftsfragen, verspottete in der konservativen Tageszeitung The Australian den Kampf gegen den Klimawandel als "Welterwärmungsreligion ... komplett mit eigener Kirche (UN), einem Papsttum (Intergovernmental Panel on Climate Change) und globalen Priesterschaft unter der Maske von Klimawissenschaftlern".

Einer anderer bekennender Klimawandelskeptiker ist Dick Warburton, den Umweltminister Greg Hunt zum Chefüberprüfer des Renewable Energy Target (RET) berufen hat. Laut dem von der sozialdemokratischen Vorgängerregierung beschlossenen RET muss bis zum Ende des Jahrzehnts der Anteil der erneuerbaren Energien 20 Prozent betragen. Unmittelbar nach seiner Berufung bekräftigte Warburton in einem Interview seine tiefe Skepsis gegenüber dem globalen wissenschaftlichen Konsens, dass der Klimawandel auf menschliches Handeln zurückzuführen sei. Umweltminister Hunt selbst fällt nicht unbedingt durch nachhaltige Projekte auf: Uralte, geschützte Wälder auf Tasmanien sollen zur Abholzung freigegeben werden. An der Küste von Queensland sollen gigantische Häfen zur Verschiffung der Kohle aus riesigen Bergwerken im Landesinneren entstehen. Die Millionen Kubikmeter Sedimente aus den zukünftigen Hafenbecken sollen weit draußen am Großen Barrier Riff entsorgt werden.

Abbotts erste klimapolitische Taten nur Stunden nach seinem Amtsantritt am 18. September 2013 waren die Abschaffung des Wissenschaftsministeriums sowie der unabhängigen wissenschaftlichen Klimakommission. "Mir wurde per Telefon die sofortige Auflösung der Climate Commission mitgeteilt", erinnert sich Professor Tim Flannery, geschasster Vorsitzender der Kommission und einer der profiliertesten Wissenschaftler Australiens.

Vielsagend ist auch die von immensem Hass gegen Umwelt- und Klimaschützer geprägte Rhetorik von Regierungstruppen in Wirtschaft und Medien. Michael Roche, Geschäftsführer des Dachverbands der Mineralien- und Energiebranche von Queensland, feiert die umweltfeindliche Politik von Umweltminister Hunt als "Ende der Umwelthysterie". Die Tageszeitung Herald Sun jubelte nach dem Aus für die Klimakommission: "Tim Flannery ist gefeuert – und das sollte auch mit den Klimawandelpanikmachern unter Journalisten passieren."

Erzbischof Freier: "Menschen sind Hüter der Natur"

Warum sind Klimawandel und Klimaforschung im speziellen und Wissenschaft im Allgemeinen für Abbott so knallrote Tücher? Professor Will Steffen antwortet auf diese Frage lapidar: "Ich bin Klimawissenschaftler und kein Psychologe." Steffen, Klimaforscher an der Australian National University (ANU) und Ex-Mitglied der Klimakommission, weist aber auch nachdrücklich auf die enge Verbundenheit der Abbott-Regierung mit der mächtigen Bergbau- und Energiebranche hin. Australien ist weltweit der führende Exporteur von Kohle. Die wichtigsten Kunden sind Japan und China. Gleichzeitig deckt Australien weit über die Hälfte seines eigenen Energiebedarfs durch Kohlekraftwerke.

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Die Australier spüren den Klimawandel längst im täglichen Leben. "Australien hat eines der am verletzlichsten klimatischen Verhältnisse der Welt", betont Megan Clark, CEO der staatlichen Wissenschafts- und Forschungseinrichtung Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO). Laut einer in diesem Jahr veröffentlichten Klimastudie der Bank HSCB ist Australien unter den G-20-Staaten das Land mit dem höchsten Temperaturanstieg, den zweithöchsten durch Unwetter verursachten Kosten, die Nummer zwei unter den Ländern mit zunehmender Wasserknappheit.

Die Anglikanische Kirche hat auf ihrer Generalsynode im vergangenen Juli eine deutlich formulierte Klimaresolution verabschiedet. Bei der Vorstellung der Resolution warf Bischof Tom Wilmot, Vorsitzender der Anglican EcoCare Kommission, der australischen Regierung vor, die "Wissenschaft im Allgemeinen und die Umweltwissenschaft im Besonderen zu verunglimpfen sowie die Umweltwissenschaft finanziell auszuhungern und aus den wichtigen Entscheidungsprozessen auszuschließen."

Weiter klagte Wilmot: "Die Abschaffung der Klimakommission ist das vielleicht ungeheuerste Beispiel. Ebenso lässt die erwartete Abschaffung der Behörde für erneuerbare Energien und die Pseudoüberprüfung der Zielgröße für erneuerbare Energien (RET) durch den Klimawandelskeptiker Dick Warburton annehmen, dass diese Regierung nicht an unbequemen Wahrheiten interessiert ist." Die Generalsynode forderte alle Diözesen und Gemeinden auf, ihre Investmentportfolios zu überprüfen. Es sei "wirtschaftlich vernünftig, sich von Investitionen in fossile Brennstoffe zu trennen".

Auf einer "Öffentliche Konversation" genannten Veranstaltung der anglikanischen Diözese Melbourne über den Klimawandel mit Professor Ross Garnaut, einem der profiliertesten Klimawissenschaftler Australiens, sagte Erzbischof Philip Freier, die Debatte müsse wieder in Übereinstimmung mit Werten und Moral gebracht werden. Erzbischof Freier, inzwischen Primas der Anglikanischen Kirche in Australien, betonte: "Die Physik (Anm.: des Klimawandels) ist zwar verstanden worden. Jetzt geht es darum, sie in das persönliche Wertesystem einzufügen. Es gehört zum Grundverständnis (Anm.: der Christen), dass die Menschen die Hüter der Natur sind."