Mit gutem Gewissen lässt sich Geld verdienen

Foto: Getty Images/iStockphoto/Tatiana Kozachenko
Mit gutem Gewissen lässt sich Geld verdienen
Verbraucher legen zunehmend Wert auf Umwelt- und Sozialverträglichkeit. Für Produkte engagierter Unternehmen werden durchaus höhere Preise gezahlt - wenn die Betriebe glaubwürdig sind.

Als Anfang Juli die 13. deutsche Primark-Filiale auf dem Berliner Alexanderplatz eröffnete, kamen statt der erwarteten 10.000 Kauflustigen Hunderte Demonstranten. "Offensichtlich hören mehr Konsumenten auf ihr Gewissen", sagt Berndt Hinzmann von der "Kampagne für saubere Kleidung", Initiator der Demo gegen "Fast Fashion" - die schnell gekaufte und schnell wieder weggeworfene billige Mode, für die Primark steht.

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"Das Problembewusstsein steigt in allen Generationen", sagt Hinzmann. "Das sieht man auch daran, wie rasant sich die eingenähten Hilferufe in der Primark-Kleidung in den Sozialen Medien verbreitet haben." Dass sie von Aktivisten und nicht von Näherinnen stammten, ändere nichts an der allgemeinen Empörung über die Arbeitsbedingungen in Textilfabriken. "Faire Mode ist trotzdem noch kein Massenmarkt", sagt Hinzmann. "Aber es gibt immer mehr Angebote, die sich auch am Markt halten."

Steigendes Verbraucherinteresse an fairen Unternehmen belegt auch eine aktuelle Studie über die Wirkung sozialen Engagements von Unternehmen bei Verbrauchern, für die das Hamburger Marktforschungsunternehmen Nielsen weltweit 30.000 Internetnutzer befragte. 40 Prozent aller Deutschen sind laut dieser Studie bereit, höhere Preise zu zahlen, wenn sich das Unternehmen nachweislich für soziale Belange oder Umweltschutz einsetzt. Und: Sie tun es auch. Jeder Dritte der rund 500 deutschen Teilnehmer gab an, im vergangenen halben Jahr mindestens ein Produkt aus diesem Grund gekauft zu haben. "Soziales Engagement lässt bei Unternehmen die Kassen klingeln", lautet daher das Fazit der Studie.

Nachhaltig zu produzieren kostet mehr

"Wichtig ist aber, dass das Engagement glaubwürdig ist und zum Unternehmen passt", sagt Ingo Schier, Geschäftsführer von Nielsen Deutschland. Die höhere Kaufbereitschaft liege an unmenschlichen Produktionsbedingungen in manchen Ländern und den immer wieder aufkommenden Lebensmittelskandalen. Er sieht zudem einen grundsätzlichen Wunsch nach Ressourcen schonendem Wirtschaften.

Auch Untersuchungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK, Nürnberg) zeigen, dass zunehmend fair eingekauft wird. Haushaltsbefragungen der GfK kommen zu dem Ergebnis, dass mehr Menschen bereit sind, für nachhaltige Produkte mehr zu bezahlen und es insbesondere bei Lebensmitteln auch tun.

Nachhaltigen Unternehmen entstehen oft höhere Kosten. Beim Outdoor-Ausrüster Vaude im baden-württembergischen Tettnang zum Beispiel sind es bis zu 15 Prozent höhere Materialkosten, schätzt Hilke Patzwall, Managerin für Corporate Social Responsibility (CSR). Seit 2009 setzt der Kleidungs-, Rucksack- und Zeltehersteller auf Nachhaltigkeit - 78 Prozent der Kleidung entsprechen inzwischen den selbst gesetzten Umwelt- und Sozialstandards.

Und auch die faire Unternehmenspolitik mit Betriebskindergarten und vielen Teilzeitkräften koste mehr. An die Verbraucher könne man das nicht oder kaum weitergeben. "Die Bereitschaft, mehr für bessere Produkte auszugeben, ist zwar da - aber bei weitem noch nicht so ausgeprägt wie im Lebensmittelbereich", sagt Patzwall.

CSR ist auch Kundenbindung

Bei Vaude sei die Umstellung aus ethischen Überlegungen im Unternehmen heraus entstanden. Denn: Für einen Hersteller von Produkten zum Genießen der Natur sei es nur folgerichtig, für diese auch die Verantwortung zu übernehmen. Unternehmerisch habe sich das als goldrichtig erwiesen, weil das Thema Nachhaltigkeit stark an Bedeutung gewonnen habe. "Langfristig geht für die ganze Gesellschaft kein Weg am nachhaltigen Wirtschaften vorbei."

Auch, weil die Kunden das wollen. "Allein für die Kundenbindung investieren größere Unternehmen viel Geld in CSR-Abteilungen", sagt Markus Noack vom Internetportal umwelthauptstadt.de, auf dem sich viele nachhaltige Unternehmen präsentieren. "Auf grünes Marketing ohne viel Inhalt reagieren Kunden aber sehr kritisch und haben auch ein gutes Gespür dafür", sagt Noack. Für glaubwürdig Nachhaltiges dagegen würde von immer mehr Menschen bereitwillig gezahlt. "Es entstehen auch immer mehr nachhaltige Unternehmensideen."