"Halit-Straße": Neonazi-Opfer bekommen Gedenkorte

"Halit-Straße": Neonazi-Opfer bekommen Gedenkorte
Sein Sohn starb in seinen Armen. Und Ismail Yozgat wünschte sich, dass eine Straße nach ihm benannt wird. Nun ist ein Platz gefunden. Sieben von der Neonazi-Mordserie betroffene Städte setzen auf diese Weise Zeichen.

Es waren bewegende Worte eines trauernden Vaters. "Mein Sohn starb in meinen Armen am 6.4.2006 in dem Internetcafé, wo er erschossen wurde", sagte Ismail Yozgat. Das war im Februar in Berlin, bei der zentralen Gedenkfeier für die Opfer der Neonazi-Mordserie in Deutschland. Einen besonderen Wunsch fügte Yozgat hinzu: Dass die Holländische Straße in Kassel, in der sein Sohn geboren und dann umgebracht wurde, nach ihm benannt werde - in "Halit-Straße".

Ganz so kommt es nun nicht. Doch die Stadt benennt einen Platz nach dem jungen Mann, der von der rechtsextremistischen Terrorgruppe aus Zwickau getötet worden war. In unmittelbarer Nähe zum Tatort soll am künftigen "Halit-Platz" auch eine Inschrift "zur Erinnerung und Mahnung" aufgestellt werden, wie Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen (SPD) am Dienstag sagte.

Eine knorrige alte Eiche und ein Springbrunnen

 

Dies ist Teil eines eindringlichen Zeichens jener sieben Städte, die Schauplätze der Mordserie waren. Von Rostock über Kassel bis München und auch in Nürnberg, Hamburg, Dortmund und Heilbronn sollen jeweils Gedenkorte mit den Namen aller Opfer entstehen. Zwischen 2000 und 2007 waren insgesamt zehn Menschen ermordet worden, neun Kleinunternehmer türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin.

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Halit Yozgat wurde in seinem Internetcafé in der Holländischen Straße erschossen. Nicht weit vom künftigen "Halit-Platz" entfernt ist auch die Wohnung seiner Eltern. Der bislang namenlose Ort - eine Rasenfläche mit einer knorrigen alten Eiche - hat schon bessere Tage gesehen. Dort parken einige Autos, um den Rasen herum stehen drei weiße Bänke, etwas abseits ein zweistrahliger Springbrunnen. Es ist laut: Autoverkehr, die Straßenbahn, eine Straßenbaustelle.

Zwischen zwei weiteren großen Eichen öffnet sich ein Nebeneingang des Hauptfriedhofs. Sabine Carle-Wallheinke vom Blumenladen nebenan war schon vorab über die geplante Umbenennung informiert worden. "Wir begrüßen das und hoffen, dass das den Platz aufwertet." Sie hoffe, dass der Platz neu gestaltet wird, betont Carle-Wallheinke, die dort in Kürze auch ein Café eröffnen will. Bis zum damaligen Tatort sind es schräg über die Straße nur wenige Schritte.

Kein Platz für Neonazis

Die gemeinsame Aussage der Städte ist eindeutig: Kein Platz für Neonazis. "Wir wollen deutlich machen, dass es kein singuläres Ereignis war, sondern eine Mordserie", sagte OB Hilgen, der die Initiative startete. Und er mahnt: "Halit Yozgat, das vorletzte Opfer der Mordserie, könnte noch leben, wenn die Ermittlungsbehörden die Tatzusammenhänge früher erkannt hätten." Er hofft, dass nun Strukturen geschaffen werden, die eine Wiederholung ausschließen.

Hilgen hatte die Oberbürgermeister der Städte nach der Rede Yozgats zusammengeführt. Da in allen Städten schnell Einigkeit über ein gemeinsamen Zeichen bestanden habe, sei man sich in vier Wochen einig geworden. "Das ging vergleichsweise schnell." Bis zum Sommer soll der Platz eine Gedenktafel bekommen und "Halit-Platz" heißen. Hilgen setzt sich dafür ein, ebenfalls die Straßenbahnhaltestelle Mombachstraße umzutaufen. Auch in Rostock wird erwogen, eine Straße nach einem Opfer zu benennen.

dpa