TV-Tipp des Tages: "Komm, schöner Tod" (ZDF)

TV-Tipp des Tages: "Komm, schöner Tod" (ZDF)
Der Tod als letzter großer "Event": Friedemann Fromm entwirft das düstere Szenario einer Gesellschaft, die Sterbehilfe als Lösung des Pflegenotstands begrüßt.
30.03.2012
Von Tilmann P. Gangloff

"Komm, schöner Tod", 5. April, 22.15 Uhr im Zweiten

Deutschland in nicht allzu fernen Zukunft. Die Straßen der Großstädte sind bevölkert mit desorientiert umherirrenden Senioren, die von der Polizei aufgegriffen und in Altenheime verfrachtet werden, wo sie vor sich hindämmern. Ein Mann ist überzeugt, die Lösung für das Problem zu kennen: Im Auftrag einer alten Dame hat Schönheitschirurg Sebastian von Werding vor dem Bundesverfassungsgericht das Recht auf selbstbestimmtes Sterben durchgesetzt. Er will den Tod als letzten großen "Event" des Lebens inszenieren. Die hochbetagte Hanna soll sein von entsprechenden Medienrummel begleiteter Präzedenzfall werden, aber nun ist sie spurlos verschwunden.

Die Distanzierung vom kommerzialisierten Sterben

Das ist allerdings nur die eine Seite der Geschichte, die Friedemann Fromm (auch Regie) frei nach dem Roman "Die Erlöser AG" geschrieben hat. Gegenentwurf zu von Werding (Dietrich Hollinderbäumer) ist der abgewrackte Journalist Jens Kurzhals (Herbert Knaup), der die Pressearbeit des Geschäftsmanns übernehmen soll. Im Grunde wäre das Handlung genug, aber um die Distanzierung vom kommerzialisierten Sterben auf die Spitze zu treiben, gibt es eine dritte Hauptfigur, die Leiterin eines Pflegeheims. Simona (Anna Loos) ist nicht nur strikte Gegnerin des Todes auf Rezept, sondern auch emotionaler Anker für die beiden Männer: Sie ist von Werdings Tochter, und weil sich Kurzhals in sie verliebt, revidiert er auch seine Haltung zur Sterbehilfe.

Ähnlich wie die themenverwandten und ebenfalls von Regina Ziegler produzierten Dokudramen "2030 – Aufstand der Alten" und "2030 – Aufstand der Jungen" ist "Komm, schöner Tod" nicht im Auftrag der ZDF-Hauptredaktion Fernsehspiel entstanden, sondern im Rahmen des Programmbereichs Zeitgeschichte. Wie die beiden anderen Filme, so hat auch dieser gewisse Schwächen. Fromm vermeidet es zwar, die graue Zukunft mit entsprechend düsterer Ästhetik zu inszenieren, aber seine Figuren zeichnet er dafür umso klischeehafter. Seltsam auch, dass er ihnen ausnahmslos denunzierende Attribute verpasst: Kurzhals hat ein Alkoholproblem, von Werding leidet unter seiner Prostata, Simona deponiert eine alte Frau im Abstellraum, um einen Pfleger zu vernaschen. Die Alten wiederum sind natürlich längst nicht so gaga, wie sie tun, sondern haben es faustdick hinter den Ohren.

Die berührendsten Momente des Films sind ohnehin die Szenen mit dem dementen Vater des Journalisten. Knaup und Franke spielen diese Augenblicke mit großer Glaubwürdigkeit. Sie beschreiben das ganze Dilemma des Pflegenotstands viel eindrücklicher als er Rest der Geschichte.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).