Die Bundestagsfraktionen haben ihren Plan bekräftigt, die Deutschen zu einer freiwilligen Erklärung zur Organspende zu bewegen. Einen Zwang zur Entscheidung dürfe es nicht geben, erklärten die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen und Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) bei der ersten Beratung eines entsprechenden Gesetzentwurfs im Bundestag.
Der Entwurf der Fraktionen sieht vor, dass jeder Versicherte ab dem 16. Lebensjahr von seinen Krankenkassen Informationen zur Organspende zugeschickt bekommen und zu einer freiwilligen Erklärung aufgefordert werden soll. Auch Behörden sollen bei der Ausweisausgabe Aufklärungsmaterial weiterreichen.
In Deutschland warten derzeit etwa 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan. Nach Umfragen ist die Mehrheit der Deutschen zwar zur Organspende bereit. Einen entsprechenden Ausweis hat aber nur ein Teil von ihnen. Bahr warb im Bundestag für Organspende: "Jeder Organspender ist Lebensretter". Viele Menschen warteten aber viel zu lange auf ein Organ, sagte der Gesundheitsminister.
Steinmeier: "Jeden zur Entscheidung bringen"
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte zu dem Entwurf: "Wir wollen nicht jeden zum Organspender machen, aber jeden zur Entscheidung bringen." Im ZDF-Morgenmagazin erklärte der Sozialdemokrat, der mit einer Nierenspende an seine Frau dem Thema Organspende zu mehr Öffentlichkeit verhalf, er hätte sich noch mehr Nachdruck vorstellen können.
Niemand könne der Entscheidung über eine Organspende ausweichen, sagte Steinmeier. "Treffe ich die Entscheidung selbst nicht, dann überlasse ich sie im Zweifel meinen Angehörigen", sagte er. Diese müssten dann über eine mögliche Organspende entscheiden, wenn sie gerade einen nahen Verwandten verloren haben.
Auch dem Medizinethiker Eckhard Nagel geht der Kompromiss zur Neuregelung der Organspende nicht weit genug. Er sprach sich für eine Erklärungspflicht aus, indem in Krankenversicherungsverträgen die Organspendebereitschaft abgefragt wird. Grundlage müsse jedoch eine umfassende Information und die Möglichkeit für eine Bedenkfrist sein, sagte der Ärztliche Direktor der Universitätsklinik Essen und Professor der Universität Bayreuth. "Man kann uns Bürgerinnen und Bürgern zumuten, sich auch mit schwierigen Themen befassen zu müssen," sagte Nagel in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. Wer dies den Menschen abnehmen wolle, habe einen "sonderbaren Freiheitsbegriff".
Zustimmung auf die Gesundheitskarte?
Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin räumte im Bundestag ein, dass die Änderung im Transplantationsgesetz die Lücke zwischen Bedarf und Spendenbereitschaft nicht völlig schließen werde. Durch Aufklärung der Bürger könne aber mehr Transparenz und Akzeptanz geschaffen werden.
Streit gibt es zwischen den Fraktionen darüber, wie die Organspendebereitschaft künftig dokumentiert werden soll. Weiterhin soll es den Organspendeausweis geben. Der Entwurf sieht zudem die Prüfung vor, ob und wie die Erklärung der Versicherten auf der neuen Gesundheitskarte hinterlegt werden kann und ob auch die Krankenkassen die Erklärung speichern können. Technisch ist dies den Angaben zufolge frühestens mit der zweiten Generation der Karte ab 2014 möglich.
Bahr betonte, dass grundsätzlich Sorge dafür getragen werden müsse, dass die hohen Datenschutzstandards bei Gesundheitsdaten bestehen blieben. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte, es sei sinnvoll, dass die Krankenkassen nur mit Zustimmung der Versicherten die Organspendebereitschaft auf der neuen Gesundheitskarte speichern können.
Linke für den "Ausweis aus Pappe"
Die Grünen sind strikt gegen das sogenannte Schreibrecht der Krankenkassen und kündigten einen Änderungsantrag an. Dies sei ein Bruch mit den strengen Datenschutzregeln, sagte die Abgeordnete Elisabeth Scharfenberg. Die Linkspartei stellt die elektronische Speicherung der Organspendebereitschaft ganz infrage. "Nur mit dem Ausweis aus Pappe kann Anonymität gewährleistet werden", sagte Fraktionschef Gregor Gysi.
Den Abgeordneten lag am Donnerstag zudem ein Entwurf der Bundesregierung vor, der eine verpflichtende Bestellung von Transplantationsbeauftragten in Krankenhäusern vorsieht. Zudem sollen die Rechte von Lebendspendern verbessert werden. Die beiden Gesetzentwürfe werden nun in den zuständigen Ausschüssen beraten.