Zwölf Länder sind "Feinde des Internets"

Zwölf Länder sind "Feinde des Internets"
Die Organisation Reporter ohne Grenzen sieht zwölf Länder als "Feinde des Internets". Die Liste führt unter anderem China, Iran, Kuba und Nordkorea auf. Weitere 14 Staaten stehen "unter Beobachtung", rund 120 Blogger und Online-Aktivisten sind weltweit in Haft.

Der Iran und China haben die Internet-Überwachung laut einem Bericht der Organisation Reporter ohne Grenzen im vergangenen Jahr deutlich verstärkt. Sie gehören zu den zwölf Ländern, die "Feinde des Internets" seien, erklärte die Journalisten-Vereinigung am Montag. Der Vorwurf: Sie filtern Online-Inhalte, beschränken den Netz-Zugang, verbreiten Propaganda und verfolgen "Cyber-Dissidenten". Rund 120 Blogger und Online-Aktivisten säßen derzeit weltweit hinter Gittern, vor allem in China, Iran und Vietnam.

Das Regime in Peking übe massiven Druck auf private Online-Firmen aus, damit diese die Zensur unterstützten, erklärte Reporter ohne Grenzen. Zudem stellten bezahlte "50-Cent"-Blogger Partei-Propaganda ins Netz. Der Iran wolle ein "nationales Internet" einrichten, das vom Rest der Welt abgeschottet sei. Stark verschlechtert habe sich die Lage in Syrien, berichtete die Organisation anlässlich des Welttags gegen Internet-Zensur. Dort sei das Regime von Präsident Baschar al-Assad nicht nur auf den Straßen brutal gegen die Opposition vorgegangen, sondern habe auch das Internet rigoros zensiert, um die Verbreitung von Nachrichten zu unterdrücken. Dabei habe es Unterstützung vom Iran bekommen.

Auch demokratische Länder "unter Beobachtung"

Neu auf der Liste der "Internet-Feinde" sind der Golfstaat Bahrain und Weißrussland. Als weitere Länder sieht die Organisation Birma, Kuba, Nordkorea, Saudi-Arabien, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam.

[listbox:title=Mehr im Netz["Feinde des Internets 2012" (Englisch)##Local Coordination Commitees of Syria (Englisch)]]

Immer häufiger werden Blogger und Online-Journalisten wegen ihrer Aktivitäten unter Druck gesetzt. Mindestens 199 seien im vergangenen Jahr festgenommen worden, rund 30 Prozent mehr als 2010. Im Iran säßen derzeit 20, in Vietnam 18 von ihnen im Gefängnis. In Turkmenistan habe die Staatsspitze "den Informationskrieg 2.0 vorerst gewonnen".

14 Staaten stehen bei Reporter ohne Grenzen "unter Beobachtung", darunter demokratische Länder wie Frankreich und Australien - unter anderem, weil sie Inhalte im Netz filtern oder die Einführung eines Filtersystems planen.

Verbesserungen sieht Reporter ohne Grenzen dagegen in Libyen. Nach dem Sturz von Muammar al-Gaddafi sei eine "Ära der Zensur" zu Ende gegangen. "Vor allem die Umbrüche in den arabischen Ländern haben gezeigt, wie wichtig das Internet im Kampf gegen autoritäre Regime ist", betonte Reporter ohne Grenzen.

Auch Venezuela wurde von der Beobachtungsliste genommen. Zur Begründung hieß es, ein Gesetz aus dem Jahr 2011, das eine Gefahr für Internetfreiheit darstellen könne, habe in der Praxis bisher kaum negative Folgen gehabt.

Preis für syrische Bürgerjournalisten

Der "Netizen-Preis" von Reporter ohne Grenzen (ROG) geht in diesem Jahr an lokale Medienzentren in Syrien, in denen Bürgerjournalisten arbeiten. Sie wurden unmittelbar nach Beginn der Unruhen aufgebaut, um Nachrichten und Bilder von den Orten der Aufstände zu sammeln und Informationen aus erster Hand an die Öffentlichkeit zu bringen.

"Die Medienzentren (...) stehen stellvertretend für alle Netzaktivisten und Bürgerjournalisten in Syrien, die enorme Risiken eingehen, um die Tragödie ihres Landes zu dokumentieren", hieß es in einer Würdigung der Organisation am Montagabend zur Verleihung des mit 2500 Euro dotierten Preises in Paris.

Als eine Repräsentantin der Einrichtungen ehrte Reporter ohne Grenzen die 27-jährige Ola Betersch. Sie hat nach Beginn der Protestdemonstrationen im März 2011 ihre Arbeit mit behinderten Kindern aufgegeben, um rund um die Uhr für die Koordinationskomitees zu arbeiten. "Wir versuchen, die Wahrheit ans Licht zu bringen und konzentrieren uns auf das, was tatsächlich passiert", zierterte ROG die junge Frau.

dpa