Egal, wer den Ölhahn zudreht: Es wird teuer

Egal, wer den Ölhahn zudreht: Es wird teuer
Ölstreit zwischen Europa und Iran: Man droht sich gegenseitig mit Lieferstopp und Boykott. Europa käme ohne Öl aus Iran gut aus, das Embargo wird Teheran empfindlich treffen. Ab 1. Juli will die EU ernstmachen. Derweil sorgen die hohen Benzinpreise weiterhin für Aufruhr. Eine Facebook-Initiative hat für den heutigen Donnerstag zum Tankstellenboykott aufgerufen.
25.02.2012
Von Hermannus Pfeiffer

Der Atomstreit mit dem Iran hält den Ölpreis in Europa hoch. Im Dezember hatte die Regierung Mahmud Ahmadinedschads gedroht, im Falle eines westlichen Öl-Embargos die Schifffahrtsstraße von Hormuz zu blockieren. Von den rund 12 Millionen Tonnen, die täglich weltweit verbraucht werden, transportieren Tankschiffe mehr als 2 Millionen Tonnen durch die 180 Kilometer lange Meerenge vor der iranischen Küste. Nicht nur Saudi-Arabien, sondern auch die Vereinigten Arabischen Emirate, sowie Irak und Kuweit sind auf diesen Wasserweg angewiesen. Allerdings könnte ein Großteil des Rohöls im Fall einer Eskalation des kalten Krieges durch eine saudische Pipeline ans Rote Meer fließen.

[listbox:title=Warum Benzin so teuer ist[Die Benzinpreise in Deutschland nähern sich Rekordwerten. Davon profitiert die Mineralölindustrie, die ihre Produkte zu einem möglichst hohen Preis verkauft.##Auch der Staat kassiert. Der Steueranteil am "Super" beträgt 57 Prozent, beim "Diesel" 48 Prozent. Dass wir immer mehr Geld an der Zapfsäule lassen, hängt jedoch von anderen Faktoren ab: Der Rohstoff Erdöl gilt als Angstbarometer. Der Atomstreit oder die Arabellion treiben den Preis nach oben.##In den vergangenen Monaten spielte die Stärke des Dollar eine große Rolle. Da Öl in Dollar abgerechnet wird, müssen in Europa für jedes Fass mehr Euro als früher gezahlt werden. Zudem erleichtern es aktuell die niedrigen Zinssätze den Finanzinvestoren, mit physischem Rohöl zu spekulieren. Das verknappt das Angebot und beflügelt die Preise.##Langfristig wirkt als Preistreiber der wirtschaftliche Aufstieg Asiens, er steigert die Nachfrage nach Öl erheblich.##Obwohl auf absehbare Zeit weltweit ausreichend Rohöl gefördert werden kann, sind doch die Lagerstätten oft tief im Meer immer schwieriger zu erreichen, die Förderung wird daher teurer.]]

Auf die Blockadedrohung des Iran reagierte die US-Regierung Barack Obamas im Januar mit der Entsendung eines zweiten Flugzeugträgers in den Persischen Golf. Bei der Fahrt durch die schmale Straße von Hormuz begleiteten auch französische und britische Kriegsschiffe den Flottenverband. Am 23. Januar einigten sich dann die Außenminister der 27 EU-Staaten in Brüssel darauf, ab dem 1. Juli die Einfuhr von iranischem Erdöl zu verbieten.

Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen jedoch die laufenden Altverträge noch abgewickelt werden. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte, es sei nicht akzeptabel, dass der Iran nach der Atombombe greife, "wir müssen beherzt reagieren". Ähnlich halbscharfe Sanktionen hatte die EU bereits 2005 verhängt.

"Feindliche Handlungen"

Am Wochenende 18./19. Februar konterte der Iran mit einer überraschenden Volte, er verhängte seinerseits ein Embargo: Der staatliche Ölkonzern National Iranian Oil Company stellte seine (unbedeutenden) Lieferungen nach Großbritannien und Frankreich ein.

Am darauf folgenden Montag drohte der Iran dann obendrein mit einer Ausweitung des Lieferstopps auf Deutschland und weitere EU-Länder wie Portugal, Spanien, Griechenland, Italien und den Niederlanden. Sollten diese Länder ihre "feindlichen Handlungen" fortsetzen, werde der Öl-Export eingestellt, wird ein untergeordneter Beamter des iranischen Erdölministeriums zitiert. Ähnliche Drohungen hatte es in der Vergangenheit wiederholt gegeben. Gefolgt von einem Dementi.

Sollte dieses Mal den großen Worten wirklich Taten folgen, würden handfeste Sanktionen erst nach Wochen zu spüren sein, wenn die Tankschiffe ihre Zielhäfen Rotterdam oder Wilhelmshaven erreichten. Mit über 20 Milliarden Tonnen an Erdölreserven liegt der Iran hinter Saudi-Arabien, Venezuela und Kanada an vierter Position in der Welt. Dies entspricht knapp 10 Prozent der Welterdölreserven. Der Iran exportiert weit über die Hälfte seiner Förderung, der Rest wird in Raffinerien für den Eigenbedarf und die Ausfuhr etwa nach Griechenland veredelt.

Europa kommt leicht ohne iranisches Öl aus

Zwei Drittel der iranischen Erdölexporte fließen laut der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) nach Asien, immerhin noch ein Drittel nach Europa. So träfe das EU-Embargo Teheran empfindlich. Allerdings zeichnet sich ab, dass dann mehr Öl nach Asien geliefert würde, zu einem günstigen Preis. China, Japan und Südkorea lassen bislang nicht erkennen, dass sie auf die umfangreichen persischen Öllieferungen verzichten wollten. Europa kann dagegen ohne Iran-Öl leichter auskommen: Lediglich knapp sechs Prozent der europäischen Ölimporte stammen aus dem Iran. Italien, Spanien, Frankreich, Niederlande und Griechenland sind die europäischen Hauptbezieher. Deutschland kauft unter einem Prozent seiner Ölimporte aus dem Iran.

Doch egal, ob Europa oder Iran den Ölhahn zudreht, es wird teuer. "Obwohl der Iran nur eine untergeordnete Bedeutung hat, wird ein Embargo beispielsweise durch einen steigenden Ölpreis für uns Auswirkungen haben", warnt BGR-Erdöl-Experte Hans-Georg Babies. Andere Experten gehen davon aus, dass der Atomstreit bereits heute den Ölpreis in die Höhe treibt. "Die Angebotsrisiken haben spekulative Anleger angelockt", erklärt Barbara Lambrecht, Rohstoffexpertin der Commerzbank. "Die geopolitischen Spannungen wurden von vielen spekulativen Anlegern zum Anlass genommen, sich stärker zu engagieren." Experten rechnen daher mit weiter steigenden Rohölpreisen.


Hermannus Pfeiffer arbeitet als freier Wirtschaftspublizist in Hamburg.