Gauck-Auftritt in Fürth: Viel Familie, wenig Präsident

Gauck-Auftritt in Fürth: Viel Familie, wenig Präsident
Es wird wahrscheinlich Joachim Gaucks letzter öffentlicher Auftritt vor seiner Wahl zum Bundespräsidenten am 18. März gewesen sein. So nah wie am Freitag in Fürth werden die Bürger ihrem neuen Staatsoberhaupt in spe so schnell wohl nicht mehr kommen.
25.02.2012
Von Daniel Staffen-Quandt

Diesmal ist es kein Taxi. Der designierte Bundespräsident Joachim Gauck kommt am Freitagabend in einer schwarzen Limousine, mit Polizeischutz. Noch eine Woche zuvor war der 72-Jährige mit dem Taxi am Kanzleramt in Berlin vorgefahren, direkt nach der Landung am Flughafen Tegel. Der Medienrummel vor der "Comödie" in Fürth dürfte aber ähnlich groß wie in Berlin gewesen sein - schließlich ist es der erste öffentliche Auftritt des früheren DDR-Bürgerrechtlers seit der Kandidatenkür am 19. Februar. Und vermutlich der letzte von "Bürger Gauck" für lange Zeit.

Der Termin für die Lesung aus seinem Buch "Winter im Sommer - Frühling im Herbst" stand bereits seit Monaten fest. Ob ihn Joachim Gauck auch nach der Nominierung als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten noch wahrnehmen würde, war ungewiss. Theaterleiterin Eva Brütting sprach von einer aufregenden und anstrengenden Woche, sie nannte Gaucks Auftritt ein "historisches Moment" für das kleine Theater. Viele Kartenbesitzer hätten sich erkundigt, "ob er nun kommt, oder nicht". Sie sei froh, dass die Zitterpartie gut für die "Comödie" ausgegangen sei.

Daniela Schadt: "Ich übe jetzt mal in Fürth"

Diejenigen, die rechtzeitig Karten für die Lesung reserviert oder gekauft hatten, konnten sich glücklich schätzen. Alle anderen standen vor dem Eingang des kleinen Theaters, die meisten auf der gegenüberliegenden Straßenseite, um zumindest einen entfernten Blick auf "ihren" vermutlich bald elften Bundespräsidenten werfen zu können. Doch sie bekommen Gauck nur kurz zu sehen. Er wird von seiner langjährigen Lebensgefährtin, der Nürnberger Journalistin Daniela Schadt, und seiner Tochter Gesine Lang begleitet, eines von vier Kindern aus der nicht geschiedenen Ehe mit Hansi Gauck. Die "wilde Ehe" Gaucks sorgt seit seiner Kandidatenkür vor allem in konservativen Kreisen für Gesprächsstoff.

Nur kurz stellt sich das designierte Staatsoberhaupt den Fragen der rund 70 Journalisten, er äußert sich aber weder zu politischen Fragen, noch zu seiner Kandidatur oder seinem Privatleben. Er werde keine Aussagen zu seinen persönlichen Lebensverhältnissen treffen, sagte Gauck. Seine Lebensgefährtin Daniela Schadt nahm den Rummel um ihre Beziehung hingegen mit Humor. Dass sie bald beim Dinner mit Michelle Obama sitzen könnte, kommentierte sie trocken: "Ich übe jetzt mal in Fürth, danach kann mich nichts mehr aus den Schuhen heben."

Gauck: "Wir sehen uns wieder"

Die rund 400 Zuhörer der "Comödie" erleben am Freitag einen äußerlich entspannten Joachim Gauck. Leger, im weißen Hemd, ohne Schlips mit offenem Knopf und dunklem Sakko sitzt das Staatsoberhaupt in spe auf der Bühne. Er sei schon etwas nervös, räumt Gauck vor Lesungsbeginn ein. Und das, obwohl er schon zig Lesungen gehalten habe, "von denen keine einzige daneben ging". Das werde auch jetzt nicht passieren, verspricht er. Während der zweistündigen Lesung hängt das Publikum geradezu an Gaucks Lippen und lauscht aufmerksam dessen sonorer Stimme.

Die Passagen aus Gaucks Buch sorgen im Publikum für Betroffenheit, aber auch für Heiterkeit. In "Winter im Sommer - Frühling im Herbst" schildert er seine Erfahrungen in der ehemaligen DDR. Nach der Lesung verabschiedet ihn das Fürther Publikum mit minutenlangem Applaus im Stehen, Theaterleiterin Brütting übergibt ihm einen überdimensionalen Blumenstrauß. "Wir sehen uns wieder", sagt Gauck mit einem Lächeln im Gesicht, "nicht hier, aber irgendwie ganz anders, und gleich auch noch am Büchertisch". Kandidat hin oder her, Gauck signiert seine Bücher.

Zum Abschied sagt er, er hätte "gerne weiterhin so schöne Lesungen wie diese hier" gegeben. Daraus werde wegen neuer Verpflichtungen nun wohl vorerst nichts mehr. Seine ursprünglich für den 10. März in Ahrensburg bei Hamburg und am 15. März in Herne geplanten Lesungen finden demnach sicher nicht mehr statt. Es werde aber "andere schöne Begegnungen" geben. Dabei werde er auch nicht "völlig anders" tönen, verspricht er in den letzten öffentlichen Minuten seines Bürgerdaseins.
 

epd