Kirchliche und religiöse Stimmen zum Wulff-Rücktritt

Kirchliche und religiöse Stimmen zum Wulff-Rücktritt
Auf den Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff haben die Repräsentanten der beiden großen Kirchen, sowie der jüdischen und muslimischen Gemeinde reagiert. Nachfolgend eine Auswahl von Stimmen:

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung:

"Jeder Mensch und auch jeder Politiker muss prüfen, wann um der eigenen Glaubwürdigkeit willen und um der Würde des Amtes willen Konsequenzen zu ziehen sind. Niemand ist ohne Fehler. Im Umgang mit Fehlern und Verfehlungen gilt in einem übertragenen Sinn die biblische Verheißung: 'Die Wahrheit wird euch frei machen.' Dies hätte auch dem Bundespräsidenten Wege geöffnet."

Der Hamburger katholische Erzbischof Werner Thissen:

"Ich finde es bedauerlich, dass erst durch ein Handeln der Staatsanwaltschaft der Rücktritt erfolgt ist. Was bedeutet es für unsere staatsbürgerliche Reife in Deutschland, wenn zuerst ein Bundespräsident viel zu früh zurücktritt und dann sein Nachfolger viel zu spät?"

Der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad:

"Die Demokratie beruht auf einer Vertrauensbasis, die auch vom Vertrauen in die handelnden Personen abhängt. Von daher sehe ich in der persönlichen Situation des Bundespräsidenten den Rücktritt vom Amt als Dienst an unserer Demokratie an."

Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz:

"Ich danke dem Bundespräsidenten für seinen vielfältigen Einsatz zum Wohl unseres Landes und für wertvolle Impulse, die er gegeben hat. Sein Bemühen um den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist für unser Land wichtig gewesen und bleibt bedeutsam. Der Bundespräsident ist den christlichen Kirchen stets mit Interesse und Wohlwollen begegnet."

Der rheinische Präses Nikolaus Schneider, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland:

"Das Losungswort für diesen Tag 'Wohl dem, der seine Hoffnung setzt auf den Herrn' (Psalm 40,5) gilt auch für den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff, seine Frau Bettina und deren Familie. Und es gilt auch für unser Land. Es macht nämlich deutlich, dass es in allen politischen Erwägungen und notwendigen Auseinandersetzungen eine Orientierung an Gottes Wort, an seinem Recht und seiner Gerechtigkeit gibt, die eine Wohltat für die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker und für unser Land sind."

Der Landesbischof Ralf Meister, Vorsitzender des Rates der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen:

"Der Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff ist eine Entscheidung, der ich mit großem Respekt begegne. Die Frage nach Schuld oder Unschuld wird die Justiz klären. Für Christinnen und Christen jedoch gilt, dass vor Gott die Anerkennung eines Menschen unabhängig von seinen Verdiensten und eigenen Fehlern ist. Diesen Trost und diese Gewißheit wünsche ich Christian Wulff und seiner Familie und habe ihnen das in einem persönlichen Brief geschrieben"

Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken:

"Wir wünschen ihm und seiner Familie in dieser schwierigen Situation und für den weiteren Lebensweg viel Kraft und Gottes Segen. Für die politische Kultur in Deutschland ist aber auch wichtig, dass es zu einer angemessenen kritischen Auseinandersetzung mit den Begleiterscheinungen der Berichterstattung kommt, wenn etwa Tatsachen, Gerüchte und Spekulationen miteinander vermengt werden."

Dieter Graumann, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland:

"Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland dankt Christian Wulff herzlich für seine ganz besondere Aufmerksamkeit und freundschaftliche Verbundenheit. Wir würdigen darüber hinaus ausdrücklich sein konsequentes Eintreten für die Rechte der religiösen Minderheiten und seine besondere Sensibilität im Umgang mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte."

Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrates der Muslime:

"Ich teile die Verschwörungstheorie einiger in unserer Commnunity ausdrücklich nicht, wonach Herr Wulff wegen seinen Aussagen zum Islam den Hut nehmen musste. Dennoch bleibt ein Geschmäckle, weil zu den größten Herausforderungen unseres Landes derzeit der drohenden EU-Finanzkollaps, die bisher unaufgearbeiteten skandalösen Nazi-Morde und die gefährliche Kriegssituation im Nahen Osten zählen, und eben nicht die Personalie Wulff."

epd/evangelisch.de