Lautes Echo im Netz zum Wulff-Rücktritt: "Endlich"

Lautes Echo im Netz zum Wulff-Rücktritt: "Endlich"
Im Netz wurde der Rücktritt des Bundespräsidenten schon lange herbeigeschrieben. Die Entscheidung findet nun fast einhellig Zustimmung. Während sich Spott und Häme über den Gescheiterten ergießen, wird bereits intensiv nach dem Nachfolger gefragt.
17.02.2012
Von Peter Zschunke

Das Netz ist bis zum Äußersten gespannt: Die Affäre Wulff wird auf Twitter, Facebook und Google+ im Sekundentakt rauf und runter kommentiert. "Na also - geht doch. Können wir uns endlich wieder mit wichtigen Dingen befassen", schreibt Michael Freitag auf Google+ - schon eine Stunde vor der Erklärung des Bundespräsidenten. "Ich finde, Wulff muss seinen Rücktritt gar nicht mehr erklären. Wir verstehen das auch so", twittert der Social-Media-Journalist Lars Wienand etwa zur gleichen Zeit.

Als dann Christian Wulff vor den Kameras die entscheidenden Worte spricht, bricht eine gewaltige Flut öffentlicher Genugtuung los. Die ersten Reaktionen auf Twitter sind weit kürzer als die möglichen 140 Zeichen: "Plöpp", "das war's" oder "tschüss". Da war dann auch schon der Wikipedia-Artikel zu Wulff aktualisiert - nur 30 Sekunden nach dem Rücktritt. Und die Mitte Dezember 2011 gestartete Webseite istchristianwulffnochimamt.de antwortet nun: "Nein!" Die Netzaktivistin Anke Domscheit-Berg freut sich, "dass mein schönstes Geburtstagsgeschenk direkt aus dem Bundespräsidialamt kommt".

Kaum Mitleid für Christian Wulff

Betroffener reagiert die gehörlose Bloggerin Julia Probst, die schon früher die Körpersprache Wulffs vor der Kamera analysiert hat: "Erschreckend, wie sehr Wulff gealtert ist! Und noch erschreckender die Kälte seiner Frau ihm gegenüber!" Auf Twitter fügt sie weiter hinzu: "In meinen Augen wurde beim Abgang der Wulffs eindeutig die mediale Chance verpasst zu zeigen: "Wir halten immer noch zusammen als Familie.""

Mitleid gibt es kaum für Wulff. Auf Facebook schreibt Melanie Schröer: "Schade eigentlich". Ansonsten aber werden vor allem die Büttenredner der Mainzer Fastnacht bedauert, die nun innerhalb von neun Stunden ihre Reden ändern müssen - und auch die Karnevalisten in Köln, die nun ihren fertigen Motivwagen nicht mehr auf die Straße schicken können. Ein Twitter-Nutzer schreibt mit Blick auf die Rosenmontagszüge am Rhein: "In einigen Städten sind nach dem Rücktritt von Wulff Festzüge am Montag geplant. Das Volk feiert." Die Bloggerin Jenny fragt: "Wer war jetzt schuld am Rücktritt? Twitter, Facebook, die Medien, der Islam oder doch der Klimawandel?"

So wie das Netz in seinen Reaktionen besonders scharfzüngig ist, so spitzt es auch das Meinungsbild der Öffentlichkeit zu. In einer nicht repräsentativen Umfrage der ARD-"Tagesschau" zur Frage "Sollte Wulff zurücktreten?" klickten bis kurz vor der Entscheidung 92,1 Prozent der knapp 40 000 Teilnehmer auf "Ja" und 6,4 Prozent auf "Nein". Nur 1,4 Prozent hatten keine Meinung. Während auf Twitter die Zahl der Beiträge mit dem Hashtag #Wulff am Freitagvormittag steil nach oben stieg, war der Höhepunkt der Google-Suchanfragen bereits am 5. Januar erreicht - am Freitag suchte niemand mehr nach Wulff.

Piratin Weisband ja, Zensursula nein

Eine Stunde nach dem Rücktritt ist das Thema dann fast schon abgehakt. Die Suche nach dem Nachfolger tritt in den Vordergrund. Der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel mahnt auf Twitter: "Jetzt sind alle gefordert, die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Dies gilt fuer die Nachfolge wie für Transparenzregeln." Die Namen, die in den Parteien gehandelt werden, sind allerdings nicht unbedingt die gleichen, die das Netz in die Diskussion bringt.

So hätten manche gern die Politische Geschäftsführerin der Piratenpartei, Marina Weisband, als Bundespräsidentin. Dabei hat sie doch kürzlich auf eine weitere Kandidatur fürs Parteiamt verzichtet, um erstmal ihre Diplomarbeit zu schreiben. Wer im Netz gar nicht gut ankommt, wird auch schnell deutlich: "Bloß nicht Zensursula" - der Arbeitsministerin Ursula von der Leyen nimmt die Netzgemeinde immer noch übel, dass sie 2009 die Sperrung von Webseiten als Mittel im Kampf gegen illegale Inhalte vorgeschlagen hat.

dpa