Pumuckl ist 50 Jahre alt – und bleibt in München unsichtbar

Pumuckl ist 50 Jahre alt – und bleibt in München unsichtbar
Seit 50 Jahren treibt ein Kobold seinen Schabernack in der bayerischen Landeshauptstadt. Er prägte das Münchenbild vieler Generationen. Doch in seiner Heimat hat der Pumuckl kaum Spuren hinterlassen.
17.02.2012
Von Patrick Brückel

Es gibt Orte, die sind im kollektiven Gedächtnis der Fernsehnation verankert: Im Schwarzwald operierte Professor Brinkmann, das "Großstadtrevier" zeigt die Polizeiarbeit auf dem Hamburger Kiez, und das Münsteraner "Tatort"-Team ermittelt in den verwinkelten Gassen der westfälischen Studentenstadt. Fernsehserien bestimmen das Bild von Städten und Regionen in Deutschland wie kaum ein anderes Medium. Eine prägende Rolle für München spielte in diesem Sinne der Kobold "Pumuckl". Am 21. Februar 1962 lief das erste Pumuckl-Hörspiel der Schriftstellerin Ellis Kaut im Bayerischen Rundfunk.

Die Fernsehserie "Meister Eder und sein Pumuckl", die Anfang der 1980er Jahre startete, wurde zum bundesweiten Erfolg. Ganz anders als die Serie "Kir Royal", die das Klischee der Schickeria bediente, sorgte der Klabauter für ein anarchisch-bodenständiges Bild der bayerischen Landeshauptstadt. Doch während andere Städte mit ihren Fernsehpfunden wuchern und den Touristen Führungen, Gedenktafeln und Devotionalien bieten, ist von Pumuckl in München fast nichts zu sehen. Der berühmte Ausruf des Kobolds "Pumuckl neckt, Pumuckl versteckt, niemand entdeckt!" ist hier durchaus wörtlich zu nehmen.

Auf der Suche nach Spuren …

"Wo soll das gedreht worden sein, im Lehel?" Die Dame vom Tourismusamt im Münchner Rathaus fragt noch einmal nach. Eine Führung durch den beliebten Münchner Stadtteil Lehel biete man zwar an, aber dass dort die Außenaufnahmen zur Kinderserie gedreht wurden, höre sie heute zum ersten Mal. Um Spuren von Pumuckl in München zu finden, braucht es daher zunächst den Blick ins Internet. Dort haben Anhänger des Kobolds in liebevoller Detailarbeit die wichtigsten Schauplätze der Serie zusammengetragen und aufgelistet

[listbox:title=Mehr im Netz[Offizielle Homepage##Pumuckl beim BR##Private Fan-Seite]]

Wer durch das Lehel wandert, bekommt schnell das seltsame Gefühl heimeliger Vertrautheit. Die kleinstädtischen Plätze, die Straßenlaternen und die schmucken Hausfassaden wirken ungewohnt bekannt. Tatsächlich diente die Tattenbachstraße als Kulisse für die Außenaufnahmen des Hauses, über dessen Hinterhof man in der Serie zur Werkstatt des Schreinermeisters Eder gelangen sollte. Mit etwas Fantasie erahnt man an der Hausfassade immer noch die Stelle, wo während der Dreharbeiten das Schild "Franz Eder. Schreinermeister" angebracht war.

… finden sich nur wenige Überreste

Die Werkstatt im Hinterhof befindet sich ein paar Straßenzüge entfernt. Das baufällige Gebäude wurde nach den Dreharbeiten allerdings abgerissen. Heute frisst sich hier ein nüchterner Verwaltungsbau um den Häuserblock. Eine Angestellte, die nach der Mittagspause in den Betonklotz eilt, reagiert auf die Frage, ob sie denn wisse, dass hier früher der Pumuckl gewohnt habe, so verdattert, als sei ihr selbiger gerade über den Weg gelaufen.

Am Wiener Platz des Münchner Stadtteils Haidhausen befindet sich die Gastwirtschaft, in der sich Meister Eder regelmäßig mit seinen Stammtischbrüdern traf. Wer meint, dass hier eine urig-bayerische Schmankerlstube - etwa mit dem Namen "Zum Eder" - Touristen und Einheimische anlocken könnte, wird enttäuscht. Ein Bauzaun versperrt den Blick auf eine verlassene Kneipe.

Auch virtuell gibt der Kobold heute eher ein trauriges Bild ab. Die offizielle Homepage des Klabauters wirkt nicht nur unzeitgemäß und kaum gepflegt, sondern präsentiert sich in erster Linie als Verkaufsplattform für Merchandisingartikel wie Pumuckl-Wurst oder Kissen. Der Bayerische Rundfunk feiert den Geburtstag seines Dauerbrenners zwar mit Wiederholungen und Spezialsendungen, von neuen Impulsen für die Serienfigur ist jedoch nichts zu sehen.

Endlose Gerichtsprozesse

Pumuckl-Zeichnerin Barbara von Johnson und die mittlerweile 91-jährige Autorin Ellis Kaut streiten sich in regelmäßigen Abständen vor Gericht über das Geschlecht des Kobolds und die Frage, ob Pumuckl eine Freundin haben darf. Ein Schreinermeister aus dem bayerischen Ohlstadt, der Pumuckl ein Museum widmen wollte, erhielt umgehend Post von Johnsons Rechtsanwalt. Sein Museum zeigt nun Erinnerungsstücke an Pumuckl, ohne die gezeichnete Figur abbilden zu dürfen.

Über den skurrilen Streitigkeiten und Urheberrechtsfragen scheint vergessen worden zu sein, dass die Figur Pumuckl nur weiterlebt, wenn auch neue Geschichten in die nächste Generation weitergetragen werden. Die erwachsenen Fans des Kobolds besuchen so lange tapfer die Orte, an denen sie ihrem Kindheitsidol zumindest ein bisschen nahe sein können. Führungen zu den Drehorten der Kinderserie werden mittlerweile von privaten Stadtführern übernommen.

An einem Ort in München findet sich übrigens ein kleines Stück Pumuckl-Erinnerung: Im Schwabinger Luitpoldpark, versteckt auf einem Kinderspielplatz, steht ein Pumuckl-Brunnen, 1985 zu Ehren von Ellis Kaut errichtet. Über ein ähnliches Geburtstagsgeschenk seiner Heimatstadt zum 50. würde sich der Pumuckl bestimmt freuen.

epd