Landesbischof: Organspende darf nicht zur Pflicht werden

Landesbischof: Organspende darf nicht zur Pflicht werden
Für den evangelischen Landesbischof Friedrich Weber aus Braunschweig ist eine Organspende ein Akt der Nächstenliebe. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hat in der der evangelischen Fernseh-Talkshow "Tacheles" für eine sogenannte Entscheidungslösung plädiert.

"Ich glaube, dass wir jeden mit dieser Frage konfrontieren können", sagte Montgomery am Dienstagabend bei der Aufzeichnung der evangelischen Fernseh-Talkshow "Tacheles" in Hannover. "Aber wir müssen akzeptieren, dass nicht jeder diese Frage beantworten will."

Nach den Plänen der Bundestagsfraktionen soll jeder Bürger künftig mindestens einmal im Leben darüber Auskunft geben, ob er zur Organspende bereit ist, etwa bei der Ausgabe der elektronischen Gesundheitskarte oder des Führerscheins.

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"Organspende bedeutet Leben und Liebe schenken für andere Menschen", betonte Montgomery auf dem Podium in der Marktkirche. "Das ist einer der vernünftigsten Wege, die Segnungen der modernen Medizin zu nutzen." Die Patienten könnten sicher sein, dass der Hirntod eines Menschen verlässlich diagnostiziert werde: "Wenn zwei Ärzte innerhalb eines bestimmten Zeitraums feststellen, dass keine Hirnaktivität mehr feststellbar ist, ist eine Rückkehr ins Leben nicht möglich."

Auch für den evangelischen Landesbischof Friedrich Weber aus Braunschweig (Foto links: Tacheles/Jens Schulze) kann eine Organspende ein Akt der Nächstenliebe sein. "Hier kann etwas selbstlos gegeben werden, um Leben zu schenken", sagte er: "Das ist ein enorm hohes Gut." Der Körper sei dem Menschen von Gott gegeben, um zu leben, unterstrich der Bischof. "Er ist ein Geschenk, kein Eigentum." Eine Organspende müsse allerdings freiwillig sein: "Es darf nicht dazu kommen, dass sie ein sozialpflichtiger Akt wird."

Gegen "zu starken Druck"

Der Arzt und Organspende-Kritiker Paolo Bavastro dagegen lehnte eine Entscheidungslösung ab: "Ich empfinde das als zu starken Druck."

Nach seiner Ansicht können die Menschen bei der Ausgabe der Gesundheitskarte oder des Führerscheins nur oberflächlich über die Organspende aufgeklärt werden. Das sei für eine so weitreichende Entscheidung aber zu wenig. "Wenn der Bürger merkt, dass er alle fünf Jahre so etwas bekommt, wird er skeptisch und denkt, da stimmt etwas nicht", sagte der Stuttgarter Kardiologe.

Er wandte sich auch gegen die Definition des Hirntodes, weil dann andere Körperfunktionen noch arbeiteten. Hirntote seien Sterbende. Sie zu begleiten oder sich von ihnen zu verabschieden, sei unmöglich, wenn zugleich eine Organentnahme vorbereitet werde.

Renate Greinert vom Vorstand der "Initiative kritische Aufklärung Organtransplantation" lehnte Organentnahmen bei Hirntoten ganz ab. Sie sieht darin einen aggressiven Eingriff in die Würde von Sterbenden. Greinert und ihr Mann hatten vor Jahren der Organentnahme ihres verunglückten 15-jährigen Sohnes zugestimmt. Die Debatte wird an diesem Sonntag (19. Februar) um 13 und um 24 Uhr auf "Phoenix" ausgestrahlt.

epd