Gericht: Presse-Grosso-Verband handelt wettbewerbswidrig

Gericht: Presse-Grosso-Verband handelt wettbewerbswidrig
Medienpolitiker kritisieren das Urteil des Landgerichts Köln, das die Verhandlung der Bedingungen für den Zeitschriftenvertrieb durch den Presse-Grosso-Verband als wettbewerbswidrig einstuft. Der Bauer-Verlag hatte gegen den Grosso-Verband geklagt.

Nach einem Urteil des Landgerichts Köln steht das bisherige System des Zeitschriftenvertriebs infrage. Das Gericht stufte die Verhandlung einheitlicher Bedingungen für die Verbreitung von Zeitschriften durch den Presse-Grosso-Verband als wettbewerbswidrig ein. Es gab damit einer Klage des Hamburger Bauer-Verlags gegen den Bundesverband Presse-Grosso statt.

Grosso-Verband sieht Vertriebssystem gefährdet

Das Vorgehen des Verbands, der mit den Verlagen für alle seine Mitglieder einheitliche Bedingungen für den Vertrieb von Zeitschriften aushandelt, sei geeignet, den Wettbewerb einzuschränken, stellten die Kölner Richter in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil fest. Der Deutsche Journalisten-Verband und Medienpolitiker befürchten, dass das Urteil schwerwiegende Auswirkungen auf das deutsche Vertriebssystem haben könnte. (AZ: 88 O (Kart) 17/11)

Der Bauer-Verlag begrüßte die Entscheidung. Sie stärke die Pressevertriebsfreiheit für Verlage. Das Urteil mache den Weg frei für bilaterale Verhandlungen zwischen Verlagen und Großhändlern. Der Verlag hatte gegen den Grosso-Verband geklagt, weil seiner Ansicht nach durch das zentrale Verhandlungsmandat ein "Preis- und Konditionenkartell" entstanden war, das die Berücksichtigung regionaler Unterschiede verhindere. Im Presse-Grosso-Verband sind bundesweit 70 Pressegroßhändler zusammengeschlossen, die die Zeitschriften an die Einzelhändler liefern.

Der Grosso-Verband sieht durch die Entscheidung des Gerichts das Vertriebssystem in Deutschland gefährdet. Der Erste Vorsitzende Frank Nolte kündigte an, der Verband werde voraussichtlich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf in Berufung gehen. Auch die Verlegerverbände bedauerten die Entscheidung des Gerichts. Sie sprachen sich dafür aus, dass die Verhandlungen über die Vertriebsbedingungen auch weiterhin auf Verbandsebene geführt werden sollten.

Gesetzesinitiative für Erhalt des bewährten Systems angekündigt

Der nordrhein-westfälische Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann (SPD) forderte eine gesetzliche Absicherung des Presse-Grossos. Das "über Jahrzehnte bewährte und allseits geschätzte Solidarsystem" stehe sonst vor dem Aus, warnte er. Wenn die Verleger nun die Möglichkeit hätten, die Vertriebskonditionen direkt mit den einzelnen Grossisten auszuhandeln, bestehe die Gefahr eines Preisdiktats der großen Verlage, warnte Eumann.

Die medienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Tabea Rößner, sagte, die Gerichtsentscheidung gegen das Vertriebssystem mache nun eine gesetzliche Regelung notwendig. Sonst könnten große Verlage dafür sorgen, dass ihre Produkte vom Handel bevorzugt würden. Auch der Deutsche Journalisten-Verband bezeichnete das Grosso-System als Garant für den Erhalt eines vielfältigen Presse-Systems in ganz Deutschland.

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) hatte die Bedeutung des Grosso-Systems für den Zeitschriftenmarkt stets betont. Nach Einschätzung des VDZ hat sich Bauer mit dem Rechtsstreit in die Isolation begeben. Der Verband hat eine Gesetzesinitiative angekündigt, um das Grosso-System im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu verankern. Den Pressegroßhändlern soll erlaubt werden, dass sie die Verhandlungen über Lieferbedingungen mit den Verlagen an den Grosso-Verband delegieren können.

Auch die CDU hat sich kürzlich für ein starkes Grosso-System ausgesprochen. Der medienpolitische Expertenkreis der CDU stellte fest, nur dank dieses Systems, das sich über Jahrzehnte bewährt habe, sei gewährleistet, dass auch die Publikationen kleinerer Verlagshäuser überall zugänglich seien. Gegebenenfalls sollte das Presse-Grosso durch gesetzliche Regelungen abgesichert werden.

epd