Die große Unbekannte: Vereinte Evangelische Mission

Die große Unbekannte: Vereinte Evangelische Mission
Die Vereinte Evangelische Mission, kurz VEM, führt selbst innerhalb der Kirchenöffentlichkeit ein Schattendasein. Zu Unrecht: Die Organisation unterstützt Hilfsprojekte in Asien und Afrika und versucht, bessere Lebensbedingungen für die Menschen zu schaffen - auf Grundlage des Evangeliums.
07.02.2012
Von K. Rüdiger Durth

VEM – die drei Großbuchstaben, die für Vereinte Evangelische Mission stehen, sind auch in der breiten Öffentlichkeit der evangelischen Kirche weithin unbekannt. Dabei hat die VEM ihren Hauptsitz in Wuppertal und ihr aus Tansania stammender Generalsekretär Fidon R. Mwombeki ist sogar Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Was steht denn nun in Wirklichkeit hinter diesen drei Großbuchstaben? VEM ist seit 1996 eine Missionsgemeinschaft, zu der sich 34 Kirchen in Afrika, Asien und Deutschland sowie die von Bodelschwinghschen Stiftungen zusammengeschlossen haben. Ihre Wurzeln liegen in der Rheinischen und Bethel-Mission, die im 19. Jahrhundert gegründet wurden, und in der 1965 ins Leben gerufenen Zaire-Mission.

VEM-Generalsekretär Fidon R. Mwombei. Foto: epd-bild/Norbert Neetz

Das Centre for Mission and Leadership Studies (CMLS) ist das Herzstück der VEM und liegt auf dem "Heiligen Berg" von Wuppertal, auf dem zahlreiche kirchliche Einrichtungen versammelt sind (unter anderem auch die Theologische Hochschule Wuppertal-Bethel).

Früher hieß das CMLS "Ökumenische Werkstatt Wuppertal". Freilich ist das Haus bis 2013 geschlossen, weil es gegenwärtig nach den Plänen eines Kölner Architektenbüros zu einem modernen Tagungszentrum für Menschen aus allen Mitgliedskirchen umgebaut wird.

Noch mehr als bislang wird es nach seiner Fertigstellung mit den anderen kirchlichen Einrichtungen verzahnt, so dass es Platz für große internationale Tagungen bietet.

Alle zwei Jahre treffen sich die Vertreter der VEM-Mitgliedskirchen zur Vollversammlung. Die letzte fand 2010 in Daressalam statt. Im Durchschnitt sind in der VEM über 152 Menschen beschäftigt, davon 32 in Asien und Afrika (2010). Finanziert wird die Arbeit vor allem durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Insgesamt stehen rund drei Millionen Euro zur Verfügung. 2005 wurde die VEM-Stiftung gegründet, um die finanzielle Nachhaltigkeit der VEM zu sichern. Inzwischen beträgt das Stiftungskapital über fünf Millionen Euro.

Ambulanz-Boot auf dem Kongo mit Arzt und Hebamme

Wichtig ist für die Arbeit der VEM, dass alle auf Augenhöhe miteinander umgehen. Zugleich geht es ihr um einen ganzheitlichen Auftrag. Darum sind, so heißt es in einem Faltblatt, "Evangelisation, Diakonie, anwaltschaftliches Eintreten, Entwicklung und Partnerschaft integrale Bestandteile der Weitergabe des Evangeliums." Ein Ansatz, der vorbildlich und auch in der ökumenischen Zusammenarbeit keineswegs selbstverständlich ist. Aus vielen Beispielen nennt Generalsekretär Mwombeki, promovierter Pfarrer, das Projekt "Licht in jede Hütte":

Mehrere hundert Solarlampen konnten bereits im Hochland von West Papua gebracht werdeb. Die Menschen dort können jetzt auch nach 18 Uhr, wenn die Sonne untergegangen ist, lernen, in der Bibel lesen, ihre Kranken versorgen oder einfach nur kochen – und das ohne teures Petroleum kaufen zu müssen oder mit Dieselgeneratoren die Umwelt zu belasten. Ein Projekt übrigens, das nur mit Hilfe zahlreicher deutscher Kirchenkreise möglich war.

Ein weiteres Projekt hat die VEM mit kirchlicher Hilfe aus Dortmund in Angriff genommen: Zusammen mit der Kirche der Jünger Christi im Kongo (CDCC) soll auf dem Kongo und seine. n Nebenflüssen in der Provinz Equateur ein Ambulanz-Boot mit Arzt, Krankenpfleger und Hebamme stationiert werden. Ein vor einigen Wochen erfolgter Probeeinsatz mit einem geliehenen Boot war ein voller Erfolg, zumal die meisten Menschen in den Dörfern dieses Gebietes, das nur über den Fluss oder aus der Luft zu erreichen ist, bislang noch nie einen Arzt zu Gesicht bekommen hatten.

In nur zwölf Tagen behandelte der einheimische Arzt Yoursen Bosolo (der auch das künftige kirchliche Ambulanz-Boot leiten wird, 1212 Patienten. Die Kosten belaufen sich für zwei Jahre auf rund 125.000 Euro. Die VEM ist zuversichtlich, dass das benötigte Geld im laufenden Jahr zusammen kommen wird.

"Wir sind überzeugt, dass Gottes Liebe Menschen immer wieder befähigt und stärk"

Das sind nur zwei aktuelle Projekte, die von der VEM initiiert oder unterstützt werden. Dazu kommen Stipendien für junge Theologen und Einsatzprojekte für freiwillige Helfer in den Mitgliedskirchen, aber auch Partnerschaftsbegegnungen und –austausch. Die VEM: "Wir sind überzeugt, dass Gottes Liebe Menschen immer wieder befähigt und stärkt. Darum unterstützen wir Programme, die Männer, Frauen und junge Menschen zur Selbständigkeit befähigen, führen Bildungsprogramme durch, bieten wir Stipendien für berufliche Weiterbildung an, um unsere Mitgliedskirchen bei der Qualifizierung ihres Personals zu unterstützen und tragen wir zur Überwindung von Armut in jedweder Form bei."

Die VEM setzt sich seit Jahren für eine gerechte Verteilung von Wasser ein, das nicht nur in weiten Teilen Afrikas knapp ist und wo die Menschen mit großen Dürreperioden fertig werden müssen. Nicht zuletzt unterstützt die VEM diejenigen Organisationen, die sich gegen die immer weiter ausdehnenden Privatisierung der lebensnotwendigen Wasservorräte zur Wehr setzen – ob in Indonesien, wo internationale Konzerne anschließend das Wasser in Plastikflaschen für teures Geld verkaufen und auch noch stolz auf große Zuwachsraten sind, oder in Indien, wo ein internationaler Limonadenkonzern die Rechte an Grundwasserquellen kauft und die Menschen in den betreffenden Regionen anschließend nicht mehr genug Wasser für ihren eigenen Bedarf und ihre kleine Landwirtschaft haben.

Die Menschenrechtsarbeit nimmt seit einigen Jahren bei der VEM einen breiten Raum ein. Diese richtet sich vor allem auf die Philippinen, die Demokratische Republik Kongo, Sri Lanka und Indonesien/West Papua. Die dortigen Mitgliedskirchen der VEM werden in ihrer Arbeit durch die Wuppertaler Zentrale durch Solidaritätsbesuche, Projektunterstützung sowie Aus- und Fortbildung unterstützt. Beispielsweise unterstützt die VEM die Vereinigte Kirche Christi in den Philippinen (UCCP) dabei, Menschenrechtsverletzungen, besonders politische Morde, und der Straflosigkeit ein Ende zu setzen. So hat sie beispielsweise der UCCP finanzielle Mittel für rechtlichen Beistand zur Verfügung gestellt und auch Kindern von Opfern politischer Morde finanziell geholfen.

Menschenrechtsarbeit nimmt breiten Raum ein

Viel Aufmerksamkeit hat die VEM im Verbund mit der Evangelischen Kirche in der Republik Namibia und anderen Organisationen im Land gefunden, den Menschen in einer etwa 1.000-köpfigen Kommune ein bedingungsloses Grundeinkommen von umgerechnet etwa zehn Euro pro Monat zu zahlen. Ursprünglich beruhte das Programm, BIC genannt, auf einem politischen Vorschlag. Da dieser aber nicht verwirklicht wurde, entschloss man sich zu einem Pilotprogramm, das erfolgreich war und den Menschen aus ihrer Armut heraushalf. Die Zukunft des Projekts und seiner Umsetzung in ganz Namibia ist völlig offen.

Das sind nur einige wenige Beispiele aus der Arbeit der Missionsgemeinschaft mit den drei großen, aber selbst in der kirchlichen Öffentlichkeit weithin unbekannten Buchstaben VEM, die in Wuppertal auch ein 1920 gegründetes Völkerkundemuseum unterhält. Leider ist dieses auch während des Umbaus der Zentrale bis 2013 geschlossen. Dafür anschließend mit einer völlig neuen Ausstellung.


K. Rüdiger Durth ist Journalist und Theologe in Bonn und Berlin und schreibt für evangelisch.de.