Russen und Chinesen haben "Blut an den Händen"

Russen und Chinesen haben "Blut an den Händen"
Noch nie war der Sicherheitsrat so einig, wenn es um Syrien ging. Aber eben nicht ganz einig und zwei Abweichler konnten ihre Meinung gegen alle anderen durchsetzen: Russland und China haben mit ihrem Veto die Syrien-Resolution platzen lassen. Die Empörung ist weltweit zu spüren.

Gegen die Mehrheit aller anderen 13 Mitglieder im UN-Sicherheitsrat haben Russland und China mit einem Doppelveto die Syrien-Resolution blockiert und so für Empörung gesorgt. Moskau und Peking hätten jetzt das Blut syrischer Zivilisten an ihren Händen, hieß es von den Diplomaten anderer Länder. Hilfsorganisationen sind verbittert, die Opposition in Syrien enttäuscht. Zuvor waren bei einem Militäreinsatz in Homs offenbar Hunderte getötet worden.

Schon vor der Abstimmung in New York hatte US-Präsident Barack Obama den sofortigen Rücktritt des syrischen Präsidenten gefordert. Baschar al-"Assad hat kein Recht, Syrien zu führen", erklärte er. "Er hat jede Legitimität in seinem Volk und in der internationalen Gemeinschaft verloren."

Ungewöhnlich kritisch kommentierte auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon das Scheitern der Resolution. "Das ist eine große Enttäuschung für die Menschen in Syrien und dem ganzen Nahen Osten, für alle Unterstützer von Demokratie und Menschenrechten", erklärte er.

"Die Zeit ist gekommen, mit einer Stimme zu sprechen"

Die EU-Außenbeauftragte Cathrine Ashton bedauerte die Entscheidung ebenfalls und forderte alle Mitgliedsländer auf, Verantwortung zu übernehmen. "Die Zeit ist gekommen, mit einer Stimme zu sprechen, ein Ende des Blutvergießens zu fordern und sich für eine demokratische Zukunft Syriens auszusprechen", erklärte sie.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle will es dennoch noch einmal über den Sicherheitsrat versuchen. Die Bemühungen um eine Verurteilung der Gewalt müssten gemeinsam mit den Partnern im höchsten UN-Gremium und der Arabischen Liga fortgesetzt werden. "Es ist ganz entscheidend, dass die internationale Gemeinschaft jetzt nicht aufgibt."

Frankreichs UN-Botschafter Gérard Araud sagte, Russen und Chinesen hätten nun "das Blut des syrischen Volkes an ihren Händen": "Russland und China, aber insbesondere Russland, haben klar entschieden, dass sie das Regime stützen, was immer es auch tut." Präsident Baschar al-Assad morde wie 30 Jahre zuvor sein Vater. "Aber wir werden nicht aufhören. Wir haben nicht das Recht, das syrische Volk im Stich zu lassen."

"Wir sind angewidert, dass einige Mitglieder uns davon abhalten, unsere Pflicht zu tun"

Wenige Stunden vor der Abstimmung hatte Syrien die blutigsten Kämpfe seit Beginn des Aufstandes vor elf Monaten erlebt. Bei einem stundenlangen Beschuss der Protesthochburg Homs mit Panzer- und Mörsergranaten waren Oppositionellen zufolge mindestens 330 Menschen getötet und weitere 1.000 verletzt worden. Regierungstruppen hätten die Stadt gestürmt und dann Stadtviertel gezielt unter Beschuss genommen. "Menschen sterben im Schutt ihrer eingestürzten Häuser", sagte der Aktivist Aiman Idlibi.

"Wir haben so viel versucht, um einen Kompromiss zu finden", sagte Marokkos UN-Botschafter Mohammed Loulichki, der den von Arabern und Europäern unterstützen Entwurf vorgelegt und auf russisches Drängen immer wieder abgeschwächt hatte. Die Ächtung des Waffenhandels, der Ruf nach freien Wahlen und Ablösung von Präsident Assad fanden sich gar nicht mehr in dem Papier.

Obamas UN-Botschafterin Susan Rice wurde deutlicher: "Wir sind angewidert, dass einige Mitglieder uns davon abhalten, unsere Pflicht zu tun." Der Rat werde seit Monaten "in Geiselhaft gehalten von zwei Ländern, die nur an ihre eigenen Interessen denken." Im Text seien Sanktionen nicht einmal erwähnt worden. "Und besonders schändlich ist es, dann auch noch Waffen zu liefern."

Russland: "Dieser Entwurf war unausgewogen"

"Wir bedauern diesen Ausgang", sagte Russlands Botschafter Witali Tschurkin. "Aber dieser Entwurf war unausgewogen." Russland habe einen Kompromiss finden wollen. "Aber diese Versuche wurden von Ländern unterlaufen, die zu viel wollten, sogar einen Regimewechsel."

Syriens Botschafter Baschar Dschaafari nannte sein Land "die Heimat der Toleranz". "Jeder friedliche Demonstrant ist willkommen", seine Regierung kämpfe nur gegen Terroristen. Er sprach erneut von einer "internationalen Verschwörung, die Syrien zerstören will".

Verbittert zeigte sich Human Rights Watch: "Nach Wochen der diplomatischen Spielchen Russlands ist dieses Doppelveto ein Brandsatz." Der Schritt sei "nicht nur ein Schlag ins Gesicht der Arabischen Liga, sondern auch ein Verrat des syrischen Volkes". Amnesty International nannte das Doppelveto "einen schockierend kaltschnäuzigen Verrat an den Demonstranten".

dpa