TV-Tipp des Tages: "Der Heckenschütze" (ZDFneo)

TV-Tipp des Tages: "Der Heckenschütze" (ZDFneo)
Ein Serienkiller hält Berlin in Atem; der Mörder erschießt scheinbar wahllos Menschen mit einem Jagdgewehr. Kommissar Peter Heiland ermittelt in seinem ersten Fall.
03.02.2012
Von Tilmann P. Gangloff

"Der Heckenschütze" , 9. Februar, 20.15 Uhr auf ZDFneo

Die Parallelen sind unübersehbar und keineswegs zufällig: Kommissar Peter Heiland, Held diverser Kriminalromane des "Bienzle"-Erfinders Felix Huby, lebt als Schwabe in Berlin; wie sein Schöpfer. Weil es neben der sprichwörtlichen Sparsamkeit auch noch andere Schwabenklischees gibt und der Provinzler nicht zuletzt durch sein sprachliches Idiom ein Fremdkörper in der Weltstadt ist, zeichnen sich die Bücher durch eine sympathisch humorvolle Ebene aus ("Ich bin der Heiland!"). Trotzdem sind sie in erster Linie Krimis. Gerade Heilands Debüt, "Der Heckenschütze", ist sogar blutiger Ernst: Ein Serienkiller hält Berlin in Atem; der Mörder erschießt scheinbar wahllos Menschen mit einem Jagdgewehr. Trotzdem ist Huby seinem Naturell treu geblieben: Man kann die Heiland-Romane getrost vor dem Einschlafen und ohne jede Angst vor Alpträumen lesen.

Heilands persönliche Verstrickung

Das ZDF hat Heilands ersten Fall nun verfilmen lassen. Das Drehbuch, Huby hat es (unter Mitarbeit von Tilman Taube) selbst geschrieben, hält sich eng an die Vorlage. Beide, Buch wie Film, beziehen ihren Reiz aus Heilands persönlicher Verstrickung in die Ermittlungen. Zunächst hält er die Spuren, die in seine schwäbische Heimat verweisen, noch für Zufall, doch dann stellt er fest, dass die vermeintlich wahllosen Opfer sehr wohl Gemeinsamkeiten aufweisen; und dass er selbst als nächster auf der Todesliste steht. Wie im Roman weiß man von Anfang an, wer der Täter ist. Ihre Spannung verdankt die Handlung der Frage, wie Heiland seinen Kopf aus der Schlinge ziehen kann und warum sich der junge Mann Jahrzehnte nach seinen als Kind und Jugendlicher erlittenen Misshandlungen nun auf seinen Rachefeldzug begeben hat. Reizvoll ist naturgemäß außerdem der Wechsel aus der Großstadt in die schwäbische Provinz, wo auch Heiland selbst verblüffende Neuigkeiten über seine Kindheit erfährt; der Täter steht ihm näher, als er je vermutet hätte.

Huby ist ein angenehmer Erzähler, aber sicher kein Thriller-Autor. Entsprechend gemütlich kommt auch der Film daher; die Inszenierung (Manfred Stelzer) orientiert sich durchaus an der Machart des früheren Stuttgarter "Tatorts". Aber der behäbige Bienzle hatte ja durchaus seine Fans, die sich nun über einen Gastauftritt von Dietz-Werner Steck freuen dürfen. Walter Schultheiß, der seit jeher in den Bienzle-Krimis den bärbeißigen Hausmeister verkörperte, kommt als Heilands Großvater ebenfalls zu Gaststar-Ehren. Im Vergleich zum echten Schwäbisch der beiden Routiniers werden allerdings auch Menschen jenseits Württembergs feststellen, dass Heiland-Darsteller Fabian Busch (ein gebürtiger Berliner) alles andere als schwäbische Wurzeln hat. Sieht man mal von seinem Dialektimitat ab, das Einheimischen ohne Frage ein Dorn im Ohr sein wird, macht Busch seine Sache aber durchaus gut, zumal der Kommissar dank der komischen Ader des (übrigens ungelernten) Schauspielers deutlich heiterere Züge bekommt als in den Romanen.

Aber den schrägsten Part hat ein Mann übernommen, der bei Regisseur Stelzer mittlerweile offenbar zum Stammpersonal gehört. Alexander Scheer ist einem größeren Publikum kaum bekannt, weil er bis zur Unkenntlichkeit verwandelt in immer wieder andere Rollen schlüpft. In Stelzers Film "Brennendes Herz" spielte er einen geläuterten Neo-Nazi, der sich in eine Türkin verliebt, in "Meine fremde Tochter" überzeugte er kürzlich an der Seite von Götz George als ungeliebter Sohn. Hier darf er den Musiker Krüger mimen, den Heiland anfangs vor wildgewordenen Skatern beschützt. Krüger mischt sich frech in Heilands Leben ein, verkuppelt ihn ein bisschen mit seiner kessen Kollegin Hanna (Stefanie Stappenbeck) und ist am Ende rechtzeitig zur Stelle, um sich zu revanchieren.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).