Deutschland bei Kampf gegen Korruption auf gutem Weg

Deutschland bei Kampf gegen Korruption auf gutem Weg
Die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland hat Parteien, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft aufgefordert, ihre Anstrengungen zur Korruptionsbekämpfung deutlich zu verstärken. Trotz guter gesetzlicher Rahmenbedingungen gebe es noch zahlreiche Regelungslücken, sagte die Transparency-Vorsitzende Edda Müller am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung des ersten Nationalen Integritätsberichts.

Insgesamt stellt der Bericht Deutschland ein gutes bis sehr gutes Zeugnis bei der Bekämpfung und Verhinderung von Korruption aus. Durch den föderalen Aufbau des Landes bestünden zahlreiche Kontrollmechanismen, sagte Müller. Ungeachtet dessen kritisiert Transparency die unzureichende Umsetzung internationaler Konventionen und fordert eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung von Strafverfolgungsbehörden und Justiz. Die Weisungsunabhängigkeit der Staatsanwaltschaften von den Justizbehörden müsse sichergestellt werden. Korruption sei schließlich kein Kavaliersdelikt, betonte die Chefin von Transparency Deutschland.

Unfreiwillige Selbstzensur in Medien ist bedenklich

Die Entwicklung bei den Medien bezeichnete Müller als besorgniserregend. Durch die teilweise angespannte wirtschaftliche Situation in Verlagen und Medienhäusern könne bei der Berichterstattung eine "Schere im Kopf" entstehen, weil Redakteure den eigenen Arbeitsplatz nicht gefährden wollen. Potentielle Interessenkonflikte etwa bei Fernsehmoderatoren mit Nebentätigkeiten müssten vermieden werden.

Der Integritätsbericht untersucht den Stand der Korruptionsbekämpfung in Deutschland. Dafür wurden 13 Bereiche danach bewertet, wie gut sie ausgestattet sind und ob sie auch praktisch gegen Korruption vorgehen. Zu den untersuchten Bereichen zählten unter anderem Legislative, Exekutive, Judikative, öffentliche Verwaltung, Strafverfolgung und Wirtschaft. Auf einer Skala von 0 bis 100 erreichten der Bundesrechnungshof, Judikative, Wahlleitung, Legislative und Medien Werte von 94 bis 81 Punkten. Danach sind der Studie zufolge die Rahmenbedingungen der Korruptionsbekämpfung und die praktische Anwendung der Vorgaben "sehr stark" ausgeprägt.

Der Bericht kritisiert dennoch unter anderem zahlreiche Ausnahmetatbestände der Informationsfreiheitsgesetze des Bundes und der Länder. Folge sei eine nur zögerliche Nutzung der Einsichtsrechte durch Bürger.

Forderung nach Transparenz in Politik und an Hochschulen

Grundsätzlich zeichne sich ein positiver, doch viel zu langsamer Trend zu verbesserter Transparenz staatlichen Handelns ab. Intransparente Verträge zwischen der öffentlichen Hand und Privaten sowie geheime Verhandlungen seien häufig Anlass für Kritik. Das gelte auch für die bisherige Regelung für Parteispenden. Neben einer Verschärfung der Offenlegungspflichten für Abgeordnete erinnerte Müller an das bislang nicht geregelte Parteiensponsoring. Mehr Aufklärung über Korruption und integres Verhalten fordert Transparency auch an Schulen und Hochschulen.

Der von der EU geförderte Integritätsbericht soll in insgesamt 26 europäischen Staaten erstellt werden. Bislang lägen aber erst vier vor, sagte Müller weiter. An die im Bundestag vertretenen Parteien hat ihre Organisation jetzt einen Katalog mit 84 Forderungen geschickt. "Dazu erwarten wir bis 15. März Antworten", sagte sie. Diese sollen in einer öffentlichen Veranstaltung dann vorgestellt werden.

Kritik am Verhalten des Bundespräsidenten

Weiterhin hat Transparency Deutschland erneut das Verhalten von Bundespräsident Christian Wulff in der Kredit- und Medienaffäre kritisiert. Der Bundespräsident habe "kein vorbildliches Verhalten an den Tag gelegt", als er Transparenz versprochen und sich dann selbst zunächst nicht daran gehalten habe, sagte die Transparency-Vorsitzende Edda Müller am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung des ersten "Nationalen Integritätsberichts" der Antikorruptionsorganisation.

Wulff sei ein Gegenbeispiel zu der von Transparency geforderten verstärkten Transparenz von öffentlichen Institutionen. Mit seinem Verhalten habe der Bundespräsident aber möglicherweise geholfen, dieser Forderung Nachruck zu verleihen.

Sonderbehandlung für Wulff?

Zu den jetzt von Wulff freigegebenen Antworten auf Journalistenfragen sagte Müller, Transparency müsse sich die Antworten zunächst genauer anschauen. Es handele sich offensichtlich um eine große Fülle von Fragen zu teils sich wiederholenden Sachverhalten. "Aber vielleicht sind noch nicht die richtigen Fragen gestellt worden", sagte die Transparency-Chefin. Mit Blick auf die gegen Wulff im Raum stehenden Vorwürfe sagte Müller, jeder Oberamtsrat hätte bei gleicher Sachlage sofort mit einem entsprechenden Verfahren gegen sich rechnen müssen.

Im Nationale Integritätsbericht wird unter anderem die Rolle der Regierungsinstitutionen mit Blick auf die Korruptionsbekämpfung beleuchtet. Da der Bundespräsident aber über den untersuchten "Pfeilern" Legislative, Judikative und Exekutive stehe, sei das Amt nicht in die Untersuchung mit eingeflossen, sagte Studienleiter Dieter Korczak. Aus der herausgehobenen Stellung könne aber die "besondere Verantwortung des Amtes" abgeleitet werden.

epd