"Der Herr segne dieses Tier und möge es bewahren"

"Der Herr segne dieses Tier und möge es bewahren"
Hunde, Katzen, Hamster und Frettchen: Einmal im Jahr, am der 17. Januar - am Tag des Heiligen Antonius - bevölkern Kleintiere mit ihren Besitzern die Innenstadt von Madrid. Denn dann bitten Haustierbesitzer um Gottes Schutz für ihre Vierbeiner.
17.01.2012
Von Simon P. Balzert

Wer als Tourist an diesem Dienstagmittag durch die Calle Hortaleza in Spaniens Hauptstadt Madrid spaziert, merkt schnell, dass der 17. Januar hier nicht irgendein Dienstag ist. Die Polizei hat die Straße im Stadtteil Chueca für den Verkehr gesperrt, ein Blasorchester spielt, Journalisten fotografieren und filmen an jeder Ecke und vor allem: Tiere. Überall sind Tiere. Hunde bellen sich gegenseitig an, Katzen werden durch die Gegend getragen, gegen die Kälte oft in den Jacken ihrer Besitzer. Mitunter trifft man auch auf Hamster oder Frettchen, in den vergangenen Jahren waren selbst Vögel und Reptilien zu sehen.

Der 17. Januar ist der Día de San Antón, der Tag des Heiligen Antonius. In Gedenken an den Schutzpatron der Tiere werden Haustiere für das kommende Jahr gesegnet. "Ich bin mit meiner Katze "Mun" jetzt das elfte Mal hier", erzählt Domy Cristobal in der Schlange, die sich vor der Kirche gebildet hat, "sie war noch nie krank und deshalb kommen wir jedes Jahr wieder."

Die Tradition geht auf den Heiligen Antonius zurück

Die Tradition geht auf den Heiligen Antonius zurück. Der im dritten und vierten Jahrhundert nach Christus in Ägypten lebende Einsiedler gilt als Vater des Mönchtums, da er in seiner Abgeschiedenheit Schüler um sich sammelte und so das Klosterwesen begründete. Abbildungen zeigen ihn meist mit einem Schwein, das er der Legende nach geheilt haben soll. Andere Deutung bringen das Tier mit den Versuchungen in Zusammenhang, mit denen der Teufel ihn aus seiner Askese zu locken versuchte. In jedem Fall wurde er im Laufe der Jahrhunderte zum Schutzpatron der Tiere.

Am 17. Januar kümmern sich die Madrilenen vor der Iglesia de San Antón aber nicht nur um das Wohl ihrer Haustiere, sondern auch um ihr eigenes. Ein weiterer Brauch lockt auch die Spanier ohne Hund oder Katze an. Einige Meter neben dem geöffneten Kirchenportal, in dem der Pfarrer die Tiere segnet, werden runde Mini-Brote verkauft. "Früher haben wir die in der Messe kostenlos bekommen, heute werden die für sechs Euro pro Dutzend verkauft", sagt Andrés Fernández, der jedes Jahr wegen der "Panecillos" vorbeikommt.  

Dem Brauch nach soll man sie im Laufe des Tages verzehren, eines muss man aber zusammen mit einer Münze genau ein Jahr lang im Schrank aufbewahren. Am 17. Januar des Folgejahres muss es dann gegessen werden, damit man weder Probleme mit Geld noch mit der Gesundheit bekommt. "Wenn man es in Alufolie einwickelt, kann man es nach einem Jahr wirklich noch essen. Das Brot wird weder hart noch schlecht", sagt der pensionierte Madrilene. Dieser Brauch erinnert an die Askese des Heiligen Antonius während seines langen Wüstenaufenthalts.

"Der Heilige Antonius möge seinen Körper vor allem Unheil bewahren"

Nebenan steht der Pfarrer im Kirchenportal, besprengt jeweils ein Tier mit Weihwasser und spricht die Worte: "Der Herr segne dieses Tier und der Heilige Antonius möge seinen Körper vor allem Unheil bewahren." Das ist an diesem Tag der wichtigste Satz für die Haustierbesitzer in Madrid.

Für die 52 Jahre alte Beatriz Noboa und ihre Tochter Belén hat die Segnung eine besondere Bedeutung. Die beiden sind mit ihrem Chihuahua "Nina" hier. "'Nina' ist im Sommer gestürzt und hat sich ein Bein gebrochen. Damit das nicht wieder passiert, sind wir dieses Jahr hergekommen", sagt die Mutter. Die Altenpflegerin bezeichnet sich als gläubig; regelmäßig in die Kirche geht sie aber nicht. "Ich würde auch nicht sagen, dass Nina nach dem Tod in den Himmel kommt, aber durch die heutige Segnung ist sie auf jeden Fall für dieses Jahr geschützt." In die Kirche dürfen die Tiere übrigens nicht, denn auch obwohl sie an diesem Tag im Mittelpunkt stehen, gilt für die Iglesia de San Antón wie immer: Tiere müssen draußen bleiben.


Simon P. Balzert ist freier Journalist und schreibt für evangelisch.de aus Madrid.