Wulff hält am Präsidenten-Amt fest, trotz "schwerer Fehler"

Wulff hält am Präsidenten-Amt fest, trotz "schwerer Fehler"
Versuchte Einflussnahme auf Journalisten - der Vorwurf gegen Christian Wulff wiegt schwer. Am Mittwochabend erklärte sich der Bundespräsident in einem Fernsehinterview und lehnte einen Rücktritt erneut ab. Die Opposition sieht weiter Klärungsbedarf.

Bundespräsident Christian Wulff hat sein Verhalten in der Kreditaffäre erneut öffentlich bedauert. Seinen Anruf bei "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann nannte er einen "schweren Fehler", einen Rücktritt lehnte der seit Wochen in der Kritik stehende Präsident indes weiter ab. Er habe nichts Unrechtes getan, obwohl einiges nicht richtig gewesen sei, sagte er am Mittwochabend in einem kurzfristig anberaumten Fernsehinterview von ARD und ZDF.

Er spüre den Rückhalt der Bevölkerung, sagte Wulff: "Die Bürger setzen darauf, dass ich Bundespräsident bleibe." Er verwahrte sich entschieden dagegen, als Bundespräsident auf Bewährung bezeichnet zu werden, das sei "daneben": "Den Begriff der Bewährung halte ich für abwegig."

Der Anruf bei "Bild"-Chefredakteur Diekmann tue ihm leid, und er habe sich entschuldigt, sobald er von seiner Reise in arabischen Staaten zurückgewesen sei, sagte Wulff. Er habe aber die Berichterstattung der "Bild"-Zeitung nicht verhindern wollen, sondern nur darum gebeten, sie um einen Tag zu verschieben.

SPD: Es bleiben noch Fragen offen

In einer ersten Stellungnahme erklärte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Hubertus Heil, auch nach dem Interview blieben Fragen nach Wulffs Amtsverständnis offen. "Christian Wulff ist kein Opfer einer Medienkampagne, sondern hat mit Problemen zu kämpfen, für die er selbst verantwortlich ist. Das war kein Befreiungsschlag und wird die Debatte nicht beenden", sagte er.

In den vergangenen Tagen war bekanntgeworden, dass Wulff mit Telefonanrufen bei Diekmann sowie Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner versucht hatte, eine kritische Berichterstattung über seine Person zu verhindern. Ausgangspunkt der Kritik an Wulff war ein Privatkredit von 500.000 Euro, den er 2008 als niedersächsischer Ministerpräsident von dem befreundeten Unternehmerpaar Egon und Edith Geerkens erhalten hatte.

Wulff sagte in den Fernsehinterview, ein Präsident müsse besonnen reagieren und handeln. Er habe sich aber offenbar "als Opfer gesehen" und überreagiert, weil private Angelegenheiten an die Öffentlichkeit gezogen werden sollten. Schon kurz vor Weihnachten hatte sich Wulff für "Irritationen" in der Kreditaffäre entschuldigt. Seitdem nach dem Jahreswechsel seine Anrufe bei den Springer-Verantwortlichen bekanntgeworden waren, hatte sich der öffentliche Druck auf Wulff noch einmal deutlich erhöht.

Wulff hofft auf mehr Transparenz

Wulff betonte in dem Interview nochmals, dass er über den Privatkredit kein Unrecht empfinde. Er kündigte zudem an, dass seine Anwälte am Donnerstag sämtliche Unterlagen zu dem Darlehen ins Internet stellen werden. Er denke, dass dieses Vorgehen "die Bundesrepublik positiv im Hinblick auf Transparenz verändert".

Das 15-minütige Fernsehinterview mit den Hauptstadtstudioleitern Ulrich Deppendorf (ARD) und Bettina Schausten (ZDF) wurde am Mittwoch ab 18 Uhr in Berlin aufgezeichnet und ab 20.15 Uhr auf beiden Sendern ausgestrahlt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Vormittag von Vizeregierungssprecher Georg Streiter erklären lassen, sie habe volles Vertrauen, dass der Bundespräsident auch weiterhin alle anstehenden Fragen umfassend beantworten werde. Streiter wies zugleich darauf hin, "jeder in der Politik" wisse, dass ein hohes Amt es mit sich bringen könne, erhöhter Aufmerksamkeit ausgesetzt zu sein: "Und das muss man auch ertragen."

Kritik an der Exklusivität für ARD und ZDF

An der Form des Interviews gab es indes auch Kritik. Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes, Michael Konken, bemängelte, dass sich Wulff nur den Fragen von ARD und ZDF gestellt hat. Er hätte Fragen aller Journalisten der Hauptstadtmedien beantworten sollen, sagte er. Privatsender zeigten sich verärgert, dass sie nicht zum Zuge gekommen waren. RTL, n-tv und ProSiebenSat.1 beschwerten sich mit einer Protestnote beim Bundespräsidialamt, wie die "Frankfurter Rundschau" (Donnerstagsausgabe) berichtete.

Nach Angaben des ZDF gab es "keinerlei inhaltliche Absprachen und keine Beschränkungen der Fragen". Dass das Gespräch vor der Ausstrahlung aufgezeichnet wurde, habe technische Gründe. Eine nachträgliche Veränderungsmöglichkeit durch Wulff habe es nicht gegeben.

Wulff betonte nochmals, dass er über seinen Privatkredit bei einem befreundeten Unternehmer und seine als luxuriös dargestellten Urlaube bei Bekannten kein Unrecht empfinde. Er kündigte zudem an, dass seine Anwälte am Donnerstag sämtliche Unterlagen zu dem Darlehen ins Internet stellen werden. So etwas habe es noch nicht gegeben, sagte Wulff. Er denke, dass dieses Vorgehen "die Bundesrepublik positiv im Hinblick auf Transparenz verändert".

epd